“„similia similibus curentur“ („Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt“)”
ist das Credo der Homöopathie - und
“Der Skorpion heilt den Skorpion
Die Geschichte ist recht kompliziert:”
Die Tageszeitung (1997). Auf solchen geflügelten Worten beruht die Homöopathie, und natürlich auf den Marktinteressen der Hersteller und Vertreiber der “Verdünnungen”.
Vielleicht ist das Wort “Betrug” in unserem Zusammenhang ja auch falsch gewählt – wer eine bessere Bezeichnung hat, möge sie bitte einreichen. Worum es eigentlich geht: Nehmen wir mal an,
dass nur ein ganz kleiner Teil der Homöopathie-Konsumenten weiß, was Homöopathie ist. “Pflanzlich” oder “Natürlich” ist da die übliche Vermutung.
Oder nehmen wir den Fall, dass jemand etwas kauft, im Glauben, etwas zu bekommen, das dann aber in der Zubereitung eigentlich gar nicht enthalten ist.
So eine Geschichte habe ich neulich gelesen: Jemand hatte vor x Jahren, während einer Lebenskrise, vom Hausarzt Kava-Kava verschrieben bekommen, wollte Jahre später das Mittel, das er als hilfreich empfunden hatte, in einer ähnlichen Situation erwerben – nur war es nicht mehr erhältlich, wegen der Nebenwirkungen vom Markt genommen, erfuhr er in der Apotheke. Aber im Internet war es scheinbar noch erhältlich – er bestellte 120 Kapseln mit je 400 mg Piper metysticum … zum Einnehmen.
Dass, wo hier die Pünktchen stehen, etwas von “Verreibung D8″ stand, hatte er nicht beachtet oder verstanden: Irgendwie musste die Wurzel ja in die Kapsel kommen, und wenn der Arzneimittelhersteller das bewerkstelligt, indem der Kava-Wurzelstock mehrfach zerrieben, vermahlen wird: Auch gut, mag er gedacht haben.
In dieser Konstellation hilft auch kein Beipackzettel:
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind für kavahaltige homöopathische Arzneimittel bisher nicht bekannt geworden. Sehr selten wurde unter Einnahme von pflanzlichen Kavakava-Zubereitungen, bisweilen schon nach 2 Wochen, das Auftreten von Leberschäden beschrieben; siehe auch unter Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung. In einigen Fällen kam es nach Einnahme der zwei- bis dreifachen phytotherapeutischen Dosierung bereits nach 8 bis 12 Wochen zu einem bleibenden Leberversagen. Falls der behandelnde Arzt eine Fortsetzung der Einnahme über 1 Monat hinaus befürwortet, sollte dieser über die Notwendigkeit von Leberfunktionskontrollen entscheiden. ,,,
Das Beipackzettel-Beispiel stammt von einem ähnlichen Präparat. “Bleibendes Leberversagen bei Überdosierung” – das lässt doch die Alarmglocken klingeln, wenn es auch vermutlich keine relevante Aussage über Kava darstellt. Wozu die Warnung allerdings im Zusammenhang mit einem extrem wirkstoffarmen “Mittel” ausgesprochen wird, kann ich nicht beantworten.
Vielleicht soll die dramatische Warnung die Placebowirkung verstärken?
Dieser Artikel ist in gewisser Weise eine Fortsetzung des Artikel “Heißhunger und Homöopathie“. An den unhaltbaren Zuständen um Hahnemann und Co. hat sich nichts geändert.
Selbst dessen (Irr-)Lehre, dass ein “… homöopathisches Arzneimittel so ausgewählt werden [solle], dass es an Gesunden ähnliche Symptome hervorrufen könne wie die, an denen der Kranke leidet …” wird längst missachtet, die Unlogik im Unlogischen macht die Sache aber nicht rationaler.
Die Wirkstoffgehalte werden verschleiert, die Kranken oder um ihre Gesundheit besorgten Kunden wären mit einem richtigen Placebo, bei dem nicht einmal eine “Erstverschlechterung” zu erwarten wäre, ähnlich schlecht bedient.
Wer sich krank fühlt, ist auf qualifizierte Beratung besonders angewiesen. Ich habe versucht, darzustellen, wie irreführend die Informationen gerade im Internet sein können. Die anonyme 24-Stunden Bestellmöglichkeit im Internet verleitet zur “Selbstmedikation”, die ist aber nur bei gegebener umfassender gesundheitlicher Aufklärung sinnvoll.
Wer sich von sinnlosen Angeboten verleiten lässt, betrügt sich selbst? Weil niemand dem Anbieter einen Betrug nachweisen kann: Wer kann die Wirksamkeit von Homöopathischen Mittelchen nachweisen? Und was, wenn nicht Betrug an der potentiellen Mündigkeit, bedeutet es, falsche Hoffnungen zu machen, und/oder gut wirksame Mittel vom Markt auszuschließen?
Nachtrag:
Um einen sehr ähnlichen Fall geht es in einem Forum; demnach enthält eine Kapsel
noch 0,0015625 Gramm Pyper Methisticum; eine Indikation wird auf dem Zettel nicht angegeben, “,,, laut homoeopathischer Heilslehre verursacht das Mittel Unruhe und Beklommenheit, ist aber gut gegen gelbe Haut (und evtl. Leberkrebs).” Und:
“Depressionen werden mit Mitteln behandelt, die normal
Depris _auslösen_, die werden dann sooooooooooo stark
verdünnt, daß sie noch weniger als garnicht wirken.
Wer also an das Prinzip glaubt darf Kava-Kava-D20 nur
als Aufputschmittel nehmen!”
Nun ist das Polemik mit einem Anteil Wahrheit, wie auch wahr ist, dass Homöopathie auf Suggestion beruht. Hokuspokus gehört zum Repertoire des Zauberers, und uns zu sagen, wie der Trick mit dem Kaninchen im Hut funktioniert, gehört definitionsgemäß nicht zu seinen Aufgaben. Eigentlich gehen alle Menschen durch eine Phase magischen Denkens, dass manche darin verharren und andere zum Magier mutieren, ist die andere Seite. Wer krank ist, kann sich hilflos fühlen und regredieren, von einer empfundenen Autorität abhängig werden, und wenn der sagt: “Nehmen Sie doch mal D8″…
Zum Schluss: Globuli für Pflanzen
… wer seinen Pflanzen Globuli gibt, der hat auch einen grünen Daumen. Der guckt mehr nach dem Grünzeug und kümmert sich auch entsprechend. Das führt zu Erfolgen, die die Leute dann den Mitteln zuschreiben. (Quelle)
Vielleicht. Wenn Scheinmedikamente bei Tieren wirken, kann das deshalb sein, weil der Tierhalter entspannter, optimistischer wird, wenn er das Gefühl haben kann, etwas getan zu haben.
Leseempfehlung:
Nachtrag:
Ende September 2015 stellt FOCUS ein neu erschienenes Buch vor:
Aussteigerin kritisiert Heilmethode: „Still und heimlich zweifeln alle Homöopathen“
Das “…Selbstexperiment Hahnemanns mit Chinarinde, die bei ihm malariaartige Zustände hervorrief” war . Da das Experiment nie reproduzierbar, und heute “… geht man [...] davon aus, dass die Chinarinde bei Hahnemann möglichweise eine allergische Reaktion hervorrief.”
Heute arbeitet Grams als Ärztin in einer Heidelberger Klinik. Bevor sie sich für die Medizin entschied, studierte sie Medizin. Ihre damalige Entscheidung kann die 37-Jährige heute kaum mehr nachvollziehen: „Ein Heilpraktiker, der nur einen Hauptschulabschluss und ein polizeiliches Führungszeugnis vorzeigen muss, um ein paar Kurse zu belegen, also jemand ohne medizinische Bildung, ist noch am ehesten entschuldigt. Ein Homöopath mit 300 Stunden Ausbildung sollte es schon besser wissen. Ein studierter Mediziner aber! Dem bleiben kaum noch vernünftige Argumente für die Homöopathie.“
“Homöopathie kann dem Patienten das Gefühl geben, ernst genommen zu werden
Manchmal wirkt Homöopathie auch – allerdings nicht auf die Art und Weise, die sich die Homöopathie-Befürworter erhoffen. Grams hat einige Geschichten in petto, die das belegen: Es sind die Zuwendung, die Zeit und das Gefühl ernstgenommen zu werden mit seinen Beschwerden – nicht der Wirkstoff. Denn ein Erstgespräch beim Homöopathen dauert etwa drei Stunden. „Was kann unser schulmedizinischer Alltag dem schon entgegensetzen?“, sagt Grams. Das Gespräch allein bringe Erleichterung.”
Wobei fraglich bleibt, ob solche Gespräche “therapeutisch” sind, oder ob sie etwas mit Psychosomatik u tun haben. Aber:
“Dieser Aspekt der Homöopathie, die intensive Zuwendung, birgt für Grams großes Potenzial. Niemand weiß so viel über Patienten wie deren Homöopathen, die in langen Gesprächen Einsicht in jeden Lebensbereich erhalten.”
Über diesen Satz möchte ich gar nicht länger nachdenken. Denn er beinhaltet unausgesprochen, dass diese Klienten sonst niemanden haben, dem sie sich anvertrauen können – und nicht mit sich selbst zurecht kommen.
Und es gibt wohl auch noch Millionen Kranker, die zu “Homöopathika” greifen, ohne dieses sagenhafte 3-Stunden-Erst-Gespräch geführt zu haben. Sich für ein paar hundert EURO Verständnis kaufen: Wenn das die homöpathische Praxis ist – was ist dann das im Internet bezogene Schüssler-Salz?
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