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Emanzipation vom “Feminismus”: Annelie bringt das Betriebsklima in Schwung

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“Möglicherweise wird die Global Collecting & Entrusting Bank (GCEB) in Frankfurt massiv investieren, sich das Bankentürmchen mehr kosten lassen – und es besser ausstatten – als üblich. Eine größere Geschosshöhe, hellere Büros, In-door-farming, in die Fassade integrierte Grünalgenproduktion, und für das Konzept “Nachhaltige, begeisternde Kantine” soll ich [sinngemäß] nur noch die gewünschten Extra-Optionen ankreuzen…”
Annelie war mal  wieder voller frischer Ideen, die sie aus London mitgebracht hatte. Pat, ihre Nachhaltigkeitsbeauftragte und direkte Vorgesetzte, hatte diesen Brotaufstrich getestet und anschließend gemeint, “… da kannst Du Jamie Olivier vergessen.”
Ludmilla, die am liebsten mit “Lucy” angesprochen wurde, hatte in ihrer Eigenschaft als Personalerin und Human-Relations-Superintendant dann auch die Sprache darauf gebracht, wer denn mit der Leitung derbetrieblichen Mitarbeiterverpflegung zu betrauen wäre.
Foto “BMW-Hochhaus, München” Guido RadigCC BY 3.0 bei Wikipedia
“Ludmilla war von 1973-20010 in verschiedenen Abteilungen bei BMW tätig, zum Schluss in der Personalabteilung. Dann hat sie sich entschieden, es im Ausland zu versuchen, bevor sie an einer stressbedingten Magenkrankheit …  – sie hatte das Gefühl, bei den Arbeitsbedingungen in München – das könnte tödlich enden.
In London hat sie dann über eine Zeitarbeitsfirma einen Job bei der GCEB bekommen und sich zur Superintendantin “hochgearbeitet”. Wenn man diese quirlige Frau in ihren Hirschleder-Kniebundhosen, rot-weiß karierter Bluse, mit ihren blonden Zöpfen sieht, denkt man nicht automatisch, dass sie eine Managerin sein muss; einzig ihre stahlblauen Augen, die manchmal   so einen überwältigenden Blick annehmen, verraten gelegentlich etwas von ihrer Durchsetzungskraft …”
Ich bedankte mich bei dieser Gelegenheit für das indirekte Lob des Brotaufstrichs, meinte, der habe den Nachteil, dass er längst nicht so gut wie gute Butter zum Handkäs’ (links unten) passt, aber den Vorzug, sich mit fast jeglichem Gemüse zu vertragen. Auch sei die grüne Soße zum Frühstück meines Erachtens Pflicht bei einem Frankfurter Frühstück…
Ute, die hyperschlanke Sprachlehrerin im Dienste der Ebert-Stiftung, hatte sichtlich keinerlei Interesse für Frühstück oder Essen allgemein, wollte aber aktuell wissen, ob die Collecting and Entrusting – zumindest in Teilen – eine feministische Bank ist,
” … wenn frau so liest, was sich auf diesem “W-20-Gipfel” abgespielt hat, macht sie sich natürlich so ihre Gedanken!”
Annlie stellte klar, dass  die Bank keine rein weibliche Führungsriege hat;

“Nein, das muss ein Zufall sein, dass ich bisher nur mit Bank- und Investment-Frauen Kontakt hatte, mit Pat für die Nachhaltigkeit, Lucy für die Human Relations, Rebecca für die Mikrokredite.
Von den Männern im Vorstand habe ich noch niemanden kennengelernt. Das mag mit meinem freiberuflichen Status zusammenhängen, und meine direkte Vorgesetzte ist ja Pat…”

Ute musste bei “Mikrokrediten” wieder an den “W-20-Gipfel” (Frauen in Führungspositionen, Frauen tragen Verantwortung) denken,

“… wo Angelika Merkel ja auch gemeint hatte, sie wolle schauen, dass ein Fonds oder fund – kein Fond wie für eine Suppe -

für Mikrokredite, die an Frauen vergeben werden, bereitgestellt wird – während die kleine Trump hierfür bei ihren reichen Freunden sammeln will…
Merkels Anmerkung, den Titel “Feministin” wolle sie lieber der Alice Schwarzer überlassen, fand ich doch recht putzig: Ein einziges Mal habe ich die “Emma” – der Name der Zeitschrift soll sich auf Emanzipation beziehen, hat aber in Süddeutschland eine andere, frauenspezifische Bedeutung – gekauft, und die Verwandlung vom behüteten Kind zum selbständigen Teenager musste ich durchmachen, weil meine Mutter berufstätig war – das war der Anfang meiner Emanzipation.”

Ich dachte bei “Emanzipation als Medienereignis” noch

“an die Geschichte des Pop, wo zwar wenige, aber tolle Frauen Star und Vorbild, eine neue Art von Idol waren, “unbeschreiblich weiblich”, wie Janis Joplin, und wenige Männer wie Rio Reiser hatten von Wut und Hoffnung gesungen, aber auch ihre weibliche Seite gezeigt. Bei Ernährungsfragen hat sich die Emanzipation bis heute nicht durchgesetzt; jedenfalls nicht beim Zuckerkonsum, der ist, gesamtwirtschaftlich betrachtet, gestiegen, auch ohne dass die Industrie uns noch, wie früher, den Bären aufbinden will, dass Zucker schlank macht:

Alternative Zucker-Fakten

Zucker zaubert –

ihre Linie
bleibt so schlank wie ein Pinie

Zum Thema “Frauenliteratur” merkte Annelie noch an, dass die ganzen Frauenbuchläden sich ja mit der “Emma” allein nicht über Wasser gehalten hätten,

“sondern da kam doch eine ganze Flut “feministischer Literatur”, und Frau steckte im Gruppenzwang, da mitreden können zu müssen. Je doller der Titel, desto wichtiger der Titel, war die Rechnung damals.
“Ödipus’ Schwester” war so einne feministische Aufreißerin, der sich viele Frauen nicht entziehen konnten: Was mochte dahinterstecken – Wenn Ödipus die Mutter geheiratet hatte, (nur mal so, als These) – was hatte dann die Schwester mit dem Vater?
Vor ein paar Tagen habe ich das Buch entsorgt; als ich vor der blauen Tonne stand, noch einmal reingeschaut, und eine “Zufallsseite” überflogen, schließlich herausgerissen, weil ich gar nicht glauben konnte, dass ich so etwas mal widerspruchslos gelesen hatte:”
Wir werden hier vor den “dämlichen Tricks” der Männer gewarnt, wobei Madame Groult Frauen, Neger und Affen in einen Topf wirft – geworfen hat, muss ich sagen, denn sie ist 2016 fast hundertjährig gestorben – und garnicht geschnallt hat, dass diese Tricks es durchaus in sich haben – und nichts dagegen spricht, dass Frau zu ähnlichen Mitteln greift:
Wenn in der Frauene(!)zeitschrift steht, dass Mann(!) Frau beim Rommé gewinnen lassen soll, ist das ein uraltes Motiv (am falschen Ort); folgendes habe ich gegoogelt:
“Schwingt im Spiel mit der Hand sie die elfenbeinernen Würfel,

Wirf so schlecht wie du kannst; willig bezahle den Wurf.

Acht’ es [Das "Verpönte"] nicht für Schimpf,  denn wär’s auch Schimpf, es gefällt doch – … . “

Diese “Ratschläge für Männer” stammen aus der “Liebeskunst” des OVID – ist das nicht Dein Spezialgebiet, Klaus-Peter?”

 

Es geht bei Ovid auch mal ums Würfeln,  als nicht-öffentliches Spiel; in Idstein spielt man neuerdings Boule, wo es dann nicht heißt: “Die Würfel sind gefallen”, sondern eher “die Kugeln sind gerollt” – wenn auch der Platz derart weich ist, dass hier nicht viel rollt.

Was diese spezielle Stelle im Buch betrifft, meinte ich, der Rat, die Frau nicht als Gegner zu betrachten, und sie gewinnen zu lassen, käme sogar mehrfach vor, hier neben der Mahnung zu Achtsamkeit und Wahrnehmung der weiblichen Bedürfnisse; und im alten Rom sei “der Schwarze” Exot und meist Sklave gewesen, wie auch die begehrte blonde Frau, deren Haar die Römerinnen gern für ihre Perücken verarbeiten ließen, und nicht der Affe, sondern der Papagei kommt auch bei Ovid vor, als Haustier der Corinna, seiner (fiktiven?) Geliebten  – vielleicht sei ja irgendwo ein weiteres Eintopf-Rezept der Benoîte Groult überliefert, alternativ hätte ich eines anzubieten:

Tradition und Moderne in einem Eintopf (mit Kartoffel, Lauch, Gelber Rübe, Frühlingszwiebel, Mettwurst & Gemüsebrühe) - Rezept in gesondertem Artikel, erreichbar per "Klick auf Bild"

“…  und was den “Schimpf”, der ja nahe der Schande liegt, betrifft, geht es darum, sich nicht von Konventionen begrenzen zu lassen, IHR den Schemel bereitzustellen, um ihr die Schuhe an- oder auszuziehen, IHR den Schirm zu halten, um sie vor zu starker Sonne zu schützen, IHR den Weg freizumachen, IHR den Spiegel zu halten, damit sie sich betrachten kann, wenn IHR danach ist…”

Ute wird sich die eine oder andere Szene bildlich vorgestellt haben; mit breitem Grinsen meinte sie:

“Das mit dem Schemel finde ich richtig gut – mir würde es auch nichts ausmachen, wenn er mir dabei die Füße massiert oder küsst, solange er sich nicht aufs Bewundern der Schuhe beschränkt.

Insofern war Madame Groult etwas altbacken mit ihrer Kritik am “Trottel Mann” und ihrer Feststellung, die  Frauen, die sich mit oder von solchen “Tricks” “einwickeln” lassen, seien debil – gerade wenn wir an den spielerischen Aspekt denken, auf den sie mit der feministischen Doppelaxt einschlägt.”

Ich fand es wichtig, darauf hinzuweisen, dass “die Liebesliteratur des Ovid” mehr ist als eine zufällig ausgesuchte Episode, sondern mit den Amores beginnend in die  Ars Amatoria mündet, dazu gezählt werden auch die “Heilmittel gegen die Liebe”,  Remedia Amoris und der Klassiker zur Schönheitspflege, Medicamina Faciei Femineae.

“Wer hier von einer “Liebesdidaktik” spricht, hat vielleicht die eine Seite der Medaille erkannt, deren zweite Seite wahrscheinlich jeweils eine, die  ganz persönliche Geschichte ist.”

Annelie meinte, zu den “persönlichen Geschichten” sei allerdings anzumerken, dass Schriftstellerinnen und Schriftsteller dieses “Reich der Sinne”, den Bereich “Liebe und Leidenschaft” hochgradig aufpoliert hätten -

“… hier wie dort, ob Kitchen-Fiction oder amouröse Literatur: Das Erfundene hat sicherlich seine Berechtigung – nur dass ich jetzt, in diesem Moment, allein mit der Vorstellung, der Idee oder Phantasie von einer Tasse Tee unmöglich zufriedenzustellen bin, und deshalb möchte ich eine kleine Bitte …”

Während ich Wasser in den Kocher füllte, musste ich denken, dass Annelie in ihr Konzept von der Kantinen-Konzeptentwicklung wahrscheinlich das Subkonzept “Ritualisierung von Dienstbesprechungen” eingearbeitet hatte – erfolgreich, so schien es mir.

 

 

Kitchen-Fiction mit A. Schmidtchen

Das Essen ist die Religion des kleinen Mannes, der Kitt der Gesellschaft und das Agens, das Leib und Seele zusammenhält.

Die Kantine, als Schmelztiegel der arbeitenden Bevölkerung soll künftig auch  Super-Rezepte zum Abnehmen anbieten – deshalb gibt es hier garnierte Geschichten, die sich um Lebensmittelklarheit und -Aufklärung ranken, unter dem Banner des Selbstbestimmungsrechts auf dem eigenen Teller.

Dass diesmal die feministische Literatur thematisch etwas dominiert hat,

müsst Ihr wohl oder übel verzeihen: Später schrieb die gleiche Autorin noch den universellen Ratgeber “Salz auf der Haut”, und damit schließt sich der Kreis doch wieder ;-

 

Die bisher erschienen “Kitchenfiction mit Annelie Schmidtchen”-Beiträge  stehen noch kurze Zeit zum Nachlesen bereit, wobei das Beste ist, dass die Artikelserie fortgesetzt wird !

 

 

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