Jetzt aber mal ganz ehrlich: Ein überfüssiger Artikel wird das, denn Bagels sind doch nicht so wichtig. Jedenfalls meistens. Aber manchmal fehlen sie irgendwie, sie sind nicht zu bekommen, und wenn es dann heißt: “Mach Dir Deine Bagels doch selbst” – das kann schon zum Handlungs-Impuls werden. Jedenfalls, wenn der Teig dafür schon zufällig bereitliegt…
Insofern war “Deutshland-Radio” der Impulsgeber für diesen Artikel, alldieweil der Anreißer
Vollkorn-Brot, Roggenbrot, Handegemachte Brötchen. Deutschland sieht sich selbst als Brot-Weltmeister – das ist dem New Yorker Jim egal. Er will einfach nur Bagel.
auch noch mit einem “How-To.Video” verknüpft war, das das Wasser im Mund zusammen laufen lässt… Und es kam, wie es kommen musste:
Bagels sind wohl recht vielfältig, habe ich gelernt, und mit gerösteten Zwiebeln gefüllt auch sehr delikat -
Das, leicht gesalzen und gut gepfeffert, war jedenfalls mein Favorit unter den unterschiedlichen Bagels – wobei gedämpfter Ruccola sich als Füllung auch durchaus gut gemacht hat.
Ein vielleicht noch authentischeres Bagel-Video habe ich hier gefunden.
Die Bagels waren recht knusprig, ein Knabberspaß also – und das beim Fernsehen. Dort lief der Tatort, von dem ich schon vorher gelesen hatte: Die TAZ hatte den Krimi angekündigt, und so manches im Unterhaltungsprogramm wird sonst ja kaum bewusst erinnert:
Ein Überwachungsvideo zeigt zwei Afrikaner, die das Kokain auf dem Spielplatz verstecken. Die Frau ist kurz darauf tot, erschlagen: Revierstreitigkeiten? Rache für das tote Mädchen? Schon ist man mittendrin in der Einwanderungsdebatte.
„Wen wollen Sie denn für den Tod des Mädchens ans Kreuz nageln?“, fragt Faber seine Kollegin.
„Den inkompetenten Rettungssanitäter? Die Dealer, die mit dem Drogen-Geld ihre Familien daheim unterstützen? Die Käufer? Die Einwanderungspolitik? [Die Mutter, die auf dem Spielplatz mit dem Handy zu Gange war, aber nicht auf ihr Kind geachtet hat?]”Gute Frage.
Klar, Gute Frage. Ich finde aber, mit der “Einwanderungsdebatte” hatte das Ganze wenig zu tun und nur am Rande; waren nicht die Drogensucht und zwischenmenschliche Faktoren das eigentliche Thema?
Das Zitat zeigt jedenfalls, dass eine bestimmte Folge mehrere Ursachen haben kann – ganz ähnlich wie beim Übergewicht, das auch nicht vom Leberkäse allein verursacht wird, sondern ein ganzes Bündel von Ursachen hat.“Kein einziges Lebensmittel ist schuld an allem“: In den USA sinkt die Lebenserwartung, möglicherweise wegen der fehlgelaufenen Ernährung, und so
“müssen die Amerikaner und Kanadier mit ihrer eigenen Krise zurecht kommen. Mit ihrer Industrie, ihren Ernährungsgewohnheiten, ihrem Stress, ihrer auseinanderdriftenden Gesellschaft, ihren dicken Kindern, ihren Millionen von Extremfettleibigen, ihrem Fast Food, ihrer Coca-Cola, ihren Donuts, Bagels, Marshmellows, Tuben-Käsecremes und dem ganzen – Pardon – Dreck, den sie essen und trinken.”
Nun sind Bagels kein Dreck und Deutschland ist nicht das Land der gesunden Ernährung.
“Zart und geschmackvoll” - bei 1,9 Gramm Salz pro 100 Gramm Leberkäse ist der kräftige Geschmack schnell herbeigezaubert (für Sauerkraut nehme ich nur die Hälfte an Salz), und selbst, wenn Leberwurst mehr Salz enthält als Leberkäse: Mit der Wurst geht man sparsamer um und legt sie nicht in fingerdicken Scheiben zwischen das Brötchen.
Es ist nicht das Fastfood, die Limonade, der Zucker, der Bewegungsmangel alleine, was dick macht. Alles wirkt zusammen, alles kommt zusammen, und unsere Ernährungsweise ruiniert die Umwelt: Da regt man sich über Kaffee in Alu-Kapseln auf, und was finden wir im Kühlregal?
Siehe oben; das Alu-Schälchen vom Leberkäs’ war der Fotohintergrund des Bagels.
Postdiätische Traumata
Und die Psyche reagiert derweil gekränkt, wenn ihre Behausung in einer “körperbetonten” Gesellschaft, wenn der verfettende Körper in einer Gesellschaft mit Schlankheits- Schönheitsidealen als weniger wertvoll beurteilt, wenn der Mensch als Mensch nicht anerkannt wird:
Wer wollte da nicht die Notbremse ziehen und eine Diät machen, aber diese Notbremse ist eine Attrappe, die den Zug nicht stoppt, man verliert das Vertrauen in den Zug, in dem man sitzt und fragt sich, wer denn da am Steuer sitzt.
Mit einer fehlgeschlagenen Diät hat man sich ein richtiges Trauma eingehandelt, scheinbar Handlungsoptionen verloren, wird um Perspektiven bangen, Diät-Mühen als sinnlos einschätzen, sich aufgeben, zumindest in Teilbereichen resignieren.
Aber Resignieren gilt nicht, den Kampf aufzugeben, ist Selbstsabotage. Das will doch niemand!
Insofern ist das Trauma zwar eine Hürde, aber keine unüberwindliche. Vielleicht hat jede(r) sein eigenes, manche Traumata sind “gesellschaftlich bedingt” und wir haben sie gemeinsam, ohne darüber zu reden.
Also Trauma = Dilemma + Defizit?
Das hat meines Wissens aber noch niemand beantwortet, und die Frage wird auch selten gestellt, geht im Moment auch wirklich zu weit…
Man soll von einem Tag Diät auch nicht zu viel verlangen. Die Äpfel hängen hoch, und wir wissen alle, was sie symbolisieren.
Mein Bagel-Rezept hatte übrigens auf einem Hefeteig aus Weizen-Vollkornmehl, Dinkelmehl und Hirse-Grieß beruht, war eigentlich zu nass und hatte eine recht lange Gehzeit auf dem kalten Balkon gehabt. Vor dem Backen hatte ich sie (die Bagels) noch mit etwas Kondensmilch bestrichen.
Den Rest könnt Ihr Euch zusammenreimen, wenn Ihr die Videos gesehen habt. Also: Bagels sind keine Donuts. Sie haben gemeinsam, dass sie vielleicht von Löchern umgeben sind, jedoch ist, was ihr Loch umgibt, grundverschieden.
Liebe(r) LeserIn!
“Bagels – was ist denn das?” war doch kürzlich noch mein erster Gedanke, als ich von diesen Dingern gelesen hatte. Und dann, gemäß dem Motto “Versuch macht klug” war das plötzlich vorbei, und Bagels wandern ins Repertoire und bleiben da auch.
Ansonsten: