abnehmmuedigkeit

Die Abnehmmüdigkeit und die Herausforderung beim Abnehmen

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Was Abnehmmüdigkeit ist, können wir nicht so einfach bei Wikipedia nachschlagen, die ist da noch nicht definiert. Aber, es scheint sie zu geben, oder auch die Diätmüdigkeit. Manche Helfer kommen dann mit “der Herausforderung“.

Das liest sich dann wie die Aufforderung zum mittelalterlichen Duell samt  hingeworfenem Fehdehandschuh und soll so eine Situation bereinigen:

… so langsam werde ich auch echt ein wenig abnehmmüde.
Nach einem Jahr und nur so wenigen Kilos möchte ich eben auch irgendwann an meinem Ziel ankommen und habe keine Lust immer abzunehmen, zuzunehmen und wieder abzunehmen.

Die meisten, die abnehmen, sind allein für sich mit dem Motto “Ich hab’ meine Methode”, oft aber schon zum wiederholten Mal.

Vom Abnehmen in der Gruppe (das wäre doch eine Alternative?!) ist dagegen wenig zu hören. Manche kommerziellen Programme setzen auf Gruppendruck, Konkurrenz und Ehrgeiz, ködern dann mit “der Herausforderung”. Dazu muss gesagt werden, dass der Köder einen Haken hat; denn eine Wette ist verpflichtend, gilt, ist Ehrensache, und wenn sie nebebei mit Produktwerbung verknüpft wird, fällt das vielleicht gar nicht mehr auf. Dass es bei jeder Wette auch Verlierer gibt, ist auch klar. Im März hatte ich darüber schon einmal etwas geschrieben, im Abnehm-Blog.

Ideal wäre eine Gruppe mit erfahrenen Helfern, als Steigbügelhalter oder Coach, für die Anfangsmotivation und darüber hinaus. Eigentlich wäre das Übergewicht eine ausreichende Herausforderung, aber wir haben uns ja schon so weit daran gewöhnt, oder es ist irgendwie ein kleineres Übel – vermeintlich.

“Ich habe da auch keinen wirklichen Leidensdruck, dafür aber genug Baustellen, die zunächst einmal wichtiger sind”, durfte ich neulich in einer informellen Beratung hören.
Als wären Sorgen um die eigene Gesundheit keine echten Sorgen.
“Einfach so” gab mir dann die Klientin (?), mit der ich gar keinen Vertrag hatte, ein Kalenderblatt zu lesen:

Über dem Vermitteln von Wissen vergessen wir jenes Lehren, das für die menschliche Entwicklung am wichtigsten ist: Jenes Lehren, das nur durch die einfache Gegenwart eines reifen und liebenden Menschen gegeben werden kann.
Erich Fromm: Die Kunst des Liebens, Frankfurt am Main: Ullstein, 1977, S. 152

“Hätte Fromm doch nur so gewirkt, wie er es da beschrieben hat – das hätte viel Papier gespart”, könnte man sagen, und “Undank ist der Lohn der Welt” – fällt mir jetzt dazu ein, und dass ich in Wirklichkeit gar nicht undankbar bin, und sein Buch “Märchen, Mythen, Träume – eine vergessene Sprache” (1980) durchaus mit Gewinn gelesen habe. Man könnte ja auch die hier geschilderte Szene wie einen Traum interpretieren…

Im Gespräch meinte ich, das sei wohl so ein Hinweis auf die Wirkfaktoren der analytischen Therapie, während nach der offiziellen Lesart die psychoanalytische Methode als solche wirksam und verbürgt sei. Die einfache Gegenwart eines lieben Menschen kenne ich am Ehesten noch von meiner Oma, andere kennen nur die Existenz von ambivalenten, zerstrittenen Bezugsgspersonen, die jeweils das Kind “vor ihren Karren spannen”. Dementsprechend zerrissen und entscheidungsunfähig wirken sie dann als Erwachsene.

Meine Gesprächspartnerin meinte, dass sie es deshalb in der “Kunst des Liebens” nicht allzuweit gebracht hätte. Wie auch? Und sie vermute, dass ihr Übergewicht von ihrem Zuckerkonsum kommt, der mit ihrer Liebesbedürftigkeit zu tun haben müsse, und ihre Diabetes sei die Folge. Jetzt noch einen Leidensdruck zu verspüren, würde ihr gerade noch fehlen, und von Hunger und Verzicht würde sie hippelig – dabei brauche sie nur ihre Ruhe, weshalb auch ihre Waage verstaubt. Sich wiegen, abnehmen-wollen? “Jetz grad’ nicht”.

Das ist doch eine ganze Reihe von Themen, die alle mit Leidensdruck zu tun haben: Echte Herausforderungen.

Interessant finde ich die Idee vom “Lehren ohne Worte”. Den gesprochenen Ansporn: “Das kannst Du”, “Das kannst Du doch auch” zum Beispiel finde ich manchmal überflüssig. Bei Erwachsenen kommt so eine Motivation nicht immer gut an – wie sich wohl das mit der Wirksamkeit per einfacher Anwesenheit verhält? Ganz so einfach ist es damit doch nicht, Fromm hat hier stark vereinfacht, vielleicht wäre statt “Anwesenheit” auch “Präsenz” passender, denn hier ist der Bedeutungshorizont größer. Zu Präsenz assoziiere ich Geduld und freischwebende Aufmerksamkeit.

Es hat auch jede Medaille ihre zwei Seiten, und beide Seiten müssen ihre Herausforderung annehmen und, wenn sie in ihren Dialog eintreten, dem auch seinen Rahmen geben. Es geht um Entwicklungen und (korrigierende) emotionale Erfahrungen, die ihre Zeit brauchen.

Für die Abnehm-Müden geht es auch darum, präsenter zu werden, wacher zu sein, anwesend, statt abweisend.

 

Scheinbarer Themenwechsel

Vier unterschiedlich effektive Quellen der Selbstwirksamkeitserwartung lassen sich unterscheiden (Bandura, 1997). Auf der untersten Ebene kann die körperliche Erregung einen Hinweis darauf geben, daß die eigenen Handlungsressourcen schwach sind, z. B. wenn man spürt, wie das Herz bis zum Halse schlägt angesichts einer schwierigen Anforderungssituation. Die verbale Mitteilung oder Überredung gilt ebenfalls als Quelle zum Aufbau von Selbstwirksamkeitserwartungen („Du kannst es bestimmt schaffen”). Auch wenn das Individuum Modellpersonen beim Handeln beobachtet, kann es Rückschlüsse auf die eigene Kompetenz ziehen, was als stellvertretende Erfahrung bezeichnet wird. Auf der vierten, wirksamsten Stufe steht die direkte Erfahrung, also das eigene aktive Handeln und das Meistern einer schwierigen Aufgabe.

Hier ging es noch einmal um die Selbstwirksamkeit, die Überzeugung, etwas bewirken zu können, und eigentlich ist das wichigste schon gesagt: Die direkte Erfahrung im positiven Sinne ist für das Überwinden von Hürden (wie hoch sind sie denn wirklich?) und die Überzeugung, selbst-wirksam zu sein, der beste Verstärker.

Und die Abnehmmüdigkeit, die ja in Wirklichkeit das den Jo-Jo-Effekt-leid-sein ist, können wir in die Liste der die Selbstwirksamkeit stärkenden Elemente aufnehmen: Sich lossagen, abgrenzen von den ewigen, dummen Diätfehlern, Verführungen und Schwächen, faulen Kompromissen, die das Meistern der “schwierigen Aufgabe” sabotieren.

 

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