Mit einem guten Start kann es losgehen. Der Startschuss erfolgt, nachdem eine gute Fee uns einleitend eine Einsicht geschenkt hat, was wir ändern müssen, und dass es garnicht so schwer ist - könnte man glauben.
Aber auch die umgekehrte Reihenfolge: “Die Einsicht folgt der Verhaltensänderung” ist plausibel.
Beide Annahmen ergeben einen Schuh, und zwei Schuhe brauchen wir zum Laufen, wenn wir nicht gerade barfuss sind:
- Möglickeit A: Du siehst ein, dass dies, das und jenes Dich krank macht, entschließt Dich, gesünder (“Diät”) zu leben und wirst, im Falle dass Du Übergewicht hast, leichter und fühlst Dich wohler…
- Möglichkeit B: Du beginnst eine traumhafte Diät, auch ohne irgendetwas einzusehen, und fühlst Dich – wie oben – nach drei Wochen wesentlich wohler und behältst die Diät gleichfalls bei.
Das “Warum” ist also gar nicht wichtiger als das “Dass”. Dass man einen Anfang findet, irgendwie, und zwar bald – also jetzt, oder wirklich gleich, ist ausschlaggebend.
Einsicht und Fortschritt
Warum und wozu
Wer schon einen guten Anfang gefunden hat, bereits gestartet ist, möchte dann auch Fortschritte sehen, muss sogar welche machen, was bedeutet: Man kann sich nicht gleich ausruhen, bloß, weil man schon den Anfang gemacht hat.
Darf nicht in die “behaglichen” alten Verhaltensmuster zurückfallen.
Die alten Verhaltensmuster, Verzehrgewohnheiten waren sinnvoll, waren für etwas gut, so wie beim Raucher jede einzelne Zigarette einen “Sinn” hatte – aber wer damit aufhören will, muss den Unsinn dahinter erkennen, den Unfug hinterfragen, und dann und wann ein bisschen Unlust in Kauf nehmen.
“Wer ein “warum” hat, dem ist kein “wie” zu schwer”
Wenn also die Einsicht erst einmal angekommen ist, sollte der Zug sich in Bewegung setzen.
Wer “unter dem Übergewicht” leidet, kann sagen: “Jetzt habe ich genug gelitten”, wenn man merkt, dass man eine Rolle als Vorbild hat, kann das eine Verpflichtung darstellen, oder auch wenn man merkt, das zu-viel-Essen (Rauchen, Trinken, Spielen) wird zu teuer.
Eine logische Schlussfolgerung könnte lauten: “Ich höre auf, zu rauchen & der Bauch muss weg”. Ein schönes Programm: Sich selbst vorbildlich verhalten und die alten Vorbilder, beziehungsweise deren Diätfehler, verstehen und aus dem fahrenden Zug werfen.
Ungeahnte Fähigkeiten und geahnte Unfähigkeiten, Ängste
Mit dem “wie” kennen wir uns doch aus? Ungefähr jedenfalls. Theoretisch ist “alles klar”.
Praktisch gibt es noch eine große Fraktion, die Angst vor jeder Diät, auch einer vernünftigen, hat, weil sie einmal oder mehrmals eine ausprobiert hatte, nachhaltig erfolglos:
“Abnehmen – das kann ich nicht”
Oh ja, das habe ich schon gehört, aber mit dieser Einstellung hätte Obama garantiert den Wahlkampf verloren – und die Angst, die hinter so einem Spruch steckt, kann ansteckend sein.
“Es kommt immer auf das Denken an. Denke “Ich kann nicht” und Du wirst nicht können. Denke: “ICH KANN!!” und Du kannst.”
Welche Ängste, hinter dem “… kann ich nicht … ” stehen, ist klar: Es sind immer die gleichen.
Da ist
- die Angst vor dem Verzicht,
- die Angst, zu versagen und
- die Angst, zu gewinnen.
Hinter der Angst vor dem Verzicht steht die Angst vor einer Mangelsituation. Wer kennt keinen materiellen oder emotionalen Mangel, wer hätte kein Kindheitstrauma? Wer hat sich noch nie überfordert gefühlt?
Kein Trennungstrauma der Welt lässt sich mit Ersatzbefriedigungen heilen. Jedes Trauma hinterlässt Narben. Jede Interaktion hinterlässt Spuren.
Der Angst, zu versagen, stellst Du Deinen Mut entgegen. Das Wissen, dass Du auch schon manche Scharte ausgewetzt hast. Dass Du noch einmal über Deinen Schatten springen willst. Dass Du schwierige Situationen bewältigst, wenn es sein muss, mit Hilfe.
Die Vorstellungen, die sich mit dem “Sieg über das Übergewicht” verbinden, sind oft bizarr. Stell’ Dir vor, Du bist ein Held, und keiner merkt es. Du hast einen Drachen erlegt, und niemand dankt es Dir. Du hast getan, was erforderlich ist, und das wird nicht anerkannt. Du bist erschlankt, aber keine Zeitschrift bringt Dein Bild auf ihr Titelblatt. Dann könntest Du denken: “Auch recht. Ich bin zwar nicht berühmt, aber ich weiß, was ich weiß”
Niemand ist ein unbeschriebenes Blatt
Wer glaubt, nicht und gar nicht zu können, ist ein schwieriger Fall, befallen von Vorurteilen über sich selbst, und
“Alle Vorurteile kommen aus den Eingeweiden.”
Das war jetzt das dritte Nietzsche-Zitat. Ohne ihn hätte ich diesen Artikel nicht mal anfangen können, aber jetzt wird es schwierig…
Der intrapsychische Niederschlag durchlebter Objektbeziehungen hat uns geformt und bestimmt, wie wir in den Szenen des Lebens agieren, ob wir Salat mögen oder Krisen phlegmatisch aussitzen, Wagner oder Jazz lieben, blonde oder dunkelhaarige Partner…
Entsprechen unsere Vorlieben, Abneigungen, Haltungen also unserer wahren Natur, oder ist das eher eine “Pseudonatur”?
Nun ja – das ist eine Pseudofrage, denn das ist alles “nur gelernt”, und gelernt ist gelernt. Die Umwelt formt vielleicht so stark wie die Gene bestimmen, welche Sprache als angenehm empfunden wird, lernt Mensch wohl schon als Embryo, wie auch geschmackliche Vorlieben, und die Darmbakterien beeinflussen auch die Stimmung.
Heldenmut und Rollen-Idee
Es gibt jedenfalls keinen erwachsenen Menschen, der ein unbeschriebenes Blatt wäre. Passend ist wohl der Vergleich des Lebens mit einem noch nicht abgeschlossenen Buch voller Skripte, die wir benutzen, um die Szenen, die wir durchleben, zu gestalten.
So kommt man von Kapitel zu Kapitel, durchläuft, durchschreitet, bildlich gesehen, verschiedene Regionen der Welt, wobei Manche sich auch schon verirrt haben und in eine Wüste geraten sind – nur das Paradies hat noch niemand gefunden, es ist auch auf keiner Landkarte eingezeichnet.
Noch einmal “liebe Gewohnheiten” umzustellen ist so ähnlich, wie einen neuen Lebensabschnitt beginnen, in der chinesischen Weltsicht “einen großen Fluss durchqueren” – so gesehen sind wir (heimatlose) Wanderer.
“Wirf den Helden in deiner Seele nicht weg. Halte heilig deine höchste Hoffnung.”
Wir orientieren uns an Vorbildern aus der Familie, aber auch an Helden, Märchengestalten, Halbgöttern und Göttergestalten, an kulturell vermittelten Archetypen, die unsere Entwicklung spiegeln und prägen.
Längst wird nicht mehr nur das Wichtige aufgeschrieben – heute wird gesendet, um den Konsum zu fördern und die Massen zu beeinflussen. Das Rauschen der Medien übertönt den eigentlichen Inhalt der Mythen (die Orientierung vermitteln), die Medien-Helden sind häufig Verwandte der Narren oder Spassvögelchen.
Viele empfehlen, das innere Kind wiederzufinden (und zu bemuttern?), Nietzsche verweist auf den inneren Held – und auf die Hoffnung, siegreich zu sein.
Im Märchen geht alles gut aus – Selbstbild, Spiegel und Narzissmus
Märchen vermitteln Orientierung, liefern Spannung und Vorbilder, bereiten auf Spannungssituationen vor oder liefern Modelle für deren Lösung.
In unserem Zusammenhang ist “Schneewittchen” recht interessant:
Für Schneewittchens Stiefmutter beantwortete sich die Frage, ob der Spiegel Freund oder Feind sei, je nach dessen Aussage, und neben der Mutter-Tochter-Schönheits-/Rivalitätsproblematik und allen möglichen Entwicklungsthemen ist eine Aussage des Märchens:
Wir haben eine Beziehung zu unserem Abbild, kurz gesagt: Zum Spiegel. Die Technik, und wenn es sich nur um poliertes Metall handelt, hat Einzug ins Unbewusste, ins Leben genommen. Irgendwann in der Vorzeit – den Spiegel muss es da schon gegeben haben – verliebte sich der Jüngling Narziss in sein Spiegelbild, was, wie der antike Autor voranstellte, ein neuartiger Wahn war.
Selbstliebe – Narzissmus – ist notwendig, kann aber auch zum Problem werden, wie wir wissen. Die eigene Figur kann zur narzisstischen Kränkung werden, wie die Reaktion der Umwelt.
Gesunder Narzissmus ist auch bei Übergewicht möglich und nötig, erwartet Aufmerksamkeit, Lob, Zuwendung nicht vom Spiegelbild, nicht im Übermaß, nicht von “bedeutsamen Bindungspersönlichkeiten” aus der Vergangenheit. Gesunder Narzissmus ist ein gutes Motiv, etwas zu tun und zu wagen, das zu einem ausreichenden Selbstwertgefühl führt. Nach Konfuzius:
Eine eher ungünstige Reaktion ist eine Einstellung wie:
“Nein, jetzt verzichte ich auch nicht mehr auf ein genussvolles Leben, und wenn es mich ein paar Jahre kostet. Was habe ich von einem längeren, schlanken Leben, wenn ich dafür nur darben muss?”
Wer noch einigermaßen denkfähig ist, darf so nicht denken. Darben geht anders, und das Vorurteil, Abnehmen heiße permanent hungern, kommt aus den Eingeweiden.
Mit guten Worten ist diesem Geschwür nicht zu begegnen, wohl aber mit gesundem Essen, Diät und guten Gefühlen. Und mit Einsichten, was die Natur des gefühlten Mangels betrifft, der zum Beispiel bei einem Drogenentzug auftritt. “Da musst Du durch”, heldenhaft und mutig…
Die letzten Hindernisse zum Schluss
Aber jetzt wird es wieder kompliziert, denn nicht immer ist das Vielessen eine Esssucht, daneben gibt es auch Essstörungen, Mischformen und tiefsitzende Vorurteile gegenüber dem, was unter gesunder Ernährung zu verstehen sei.
Hier besteht die Gefahr des Schwarz-Weiß-Denkens, dessen Prinzip “Alles oder Nichts” lautet und folglich: Einmal esssüchtig, immer esssüchtig, unheilbar…
Fatal, dass diese Ideen wirksam sind. Es gibt Ängste, die auf der Nocebo-Wirkung beruhen. Sie gleichen Fallgruben, die der Glaube schafft.
Die Nocebo-Wirkung ist das Gegenteil der Placebo-Wirkung. Ein eingebildetes Damokles-Schwert macht auch Angst – mit “unheilbar” verbinden sich möglicherweise Todesängste, die könnten sich lähmend bemerkbar machen. “Fragen Sie ihren Psychosomatiker”.
Solche Vorstellungen verbessern sich, wenn wir die Grautöne hinzufügen, und verflüchtigen sich, wenn wir in Farbe und 3-D erleben.
Wenn die Gefühlslage geklärt ist [ Denke "Ich kann" ], kann es an die Verhaltensänderung gehen. Gerne mit Neugier, was Rezepte betrifft – aber das ist ein weites Feld, die hier vorgestellten sind als Anregung gedacht, jeder hat seine wertvollen Traditionen und weiß, was gut ist, und was dabei gewandelt werden muss.
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