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Annelie und die Käse-Schichten

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Wenn eine Industrie- und Unternehmenssoziologin bei einem Weltkonzern angestellt ist, um “die Unternehmenskultur” zu verbessern – wie unabhängig kann sie dann arbeiten? Ich finde so eine Frage überhaupt nicht abwegig, Annelie muss sie sich täglich stellen: Ihr Job, die Abläufe der “Unternehmenskommunikation” zu optimieren, ist ja vielleicht auch gar nicht machbar, wenn die richtigen Lösungen auch die “richtigen” Unternehmensziele voraussetzten.

Über so merkwürdige Fragen haben Annelie und ich uns neulich unterhalten – sie soll nämlich für ein international agierendes Bankhaus, das in Frankfurt am Main eine Niederlassung plant, die Abläufe in der Betriebskantine optimieren, bestenfalls unter dem Gesichtspunkt der Mitarbeitergesundheit…

“Und ob die dann Sonntags ihre Zeit für einen Spaziergang,, also zum Abschalten im Gehen, nutzen oder ob sie Whiskey zur Entspannung saufen, das hängt von vielen Faktoren ab”, sagte Annelie Schmidtchen – aber da wollte ich auch nicht in die Details einsteigen.

Der “Health-Service” bei Annelies Arbeitgeber hat sich einen mitarbeiterfreundlichen Anstrich gegeben, mit jährlichem “Check-up”, hauseigenem Swimming-Pool und Incentivs wie Golfkursen und “Progressive Meditation für Führungskräfte” in ausgesuchten Klöstern, erfuhr ich bei einer Tasse Espresso, den ich “von Hand” gekocht hatte.

Den haben wir schwarz (ohne Zucker – natürlich) getrunken, kamen währenddessen noch einmal auf die “Schichtkäse-Schnittchen” zu sprechen, wobei Annelie Schmidtchen der Meinung war, es handle sich hierbei um geschichteten Schnittkäse – “… aber was ist dann ist “Handkäse”?”

Das waren Fragen, die sie ihren Managern aus dem United Kingdom, die wegen des Brexit ins Exil gehen werden,  künftig würde beantworten müssen – auch und vor allem den Unterschied zwischen Apfelwein und Apfelessig (der ist nur allzu gering ;-)   ) oder zwischen Sauermilch und Milchsäure.

Annelie von den Vorteilen der

Linsen-Schichtkäse-Lasagne

zu überzeugen (low-carb, viel pflanzliches und tierisches Eiweiß, fettarm, ballaststoffreich, Wohlgeschmack, von der Würzung abhängig – hier käme natürlich auch die Zaubersauce ins Spiel) fiel leicht, und vielleicht würde ja der Gesundheitsdienst das Wortspiel mit der Milchsäure in seinen Test-Fragebogen zum Ernährungswissen der Finanz-Manager aufnehmen:

Wo liegt bei der Aussage

Außerdem werden jedes Jahr 40 Tonnen Sauerkraut gestampft, das ohne Milchsäurebakterien hergestellt wird und daher vegan ist.

der Denkfehler?

Sicher, das Bankhaus, das auch in Sachen “Agrar” (Stichwort: Bayer/Monsanto; von selbst finanziert sich so etwas ja auch nicht)  involviert ist,  hält sich auch ein paar “waschechte Veganer”, und wenn die, weil sie denken, Milchsäure werde aus Milch gemacht, sei also “tierisch”, vom Fleisch fallen, weil sie nichts Fermentiertes mehr futtern, mindert das auch den Bankhaus-Profit – und wovon sollen dann die Bankkantine, gar nicht zu denken an das Schwimmbad, die Sauna, die “Urlaubsreisen”, der Rolls mit Chauffeur, bezahlt werden?

Klar, mit Vegetariern hat man es einfacher als mit Veganern. Letztere würden auf ein paar Häppchen

verzichten müssen, jedenfalls aufs Gelbe vom Ei nebst dessen Eiweiß.

“Na toll, klar – aber Danke für das Häppchen, heute geht es mal wieder sehr häppchenweise zu bei Dir!”

Ich ahnte, dass Annelie bei allem, was mit “Schnittchen” zu tun hatte, empfindlich war, wegen ihres Namens – aber worauf sollte ich denn noch Rücksicht nehmen?

Kartoffelsalat, mit Bieressig angemacht - schon wieder nicht vegan, wegen der Bauchspeck-Würfel aus der Pfanne. Ergo: Die Pfanne ist schuld

 

Kartoffelsalat mit Bieressig

“Natürlich kann man auch Kartoffelsalat ohne Salatblatt servieren, meinetwegen eine ganze Schüssel – wobei ja, wenn die Salatsauce passt, sich niemand damit überisst:

Sag dem Kantinenchef in Spe, er soll ihn mit Bieressig machen – “That SUCKS!”"

Dass Annelie noch nie einen Bieressig-Kartoffelsalat probiert hatte, war mir ja klar, und dass das Gleiche höchstwahrscheinlich auch für ihren “Chef de Cuisine” zutreffen würde, auch.

So What? Ich konnte nur versuchen, sie neugierig zu machen, und zu hoffen, dass sie die Bieressig-Kostprobe, die ich ihr für einen Selbstversuch mitgab, nicht in den Abfluss gießen würde.

“Es hat sich herausgestellt, dass warm gepellte und geschnittene Kartoffeln die Marinade am Besten aufnehmen, geradezu aufsaugen, also sei lieber mit dem Öl, als mit dem Bieressig sparsam, und lass dem Salat bei Zimmertemperatur mindestens vier Stunden zum Reifen”, schärfte ich ihr noch ein.

Ehrlich gesagt, habe ich wenig Erfahrung mit der Beratung von BeraterInnen, vielleicht war es auch des Guten zu viel, als ich noch das Problem des “betrieblichen Kaffeetrinkens” ansprechen wollte und vor allem die Frage: “Welches Gebäck dazu?”

Mir war danach, ein schlichtes Hefegebäck zu empfehlen und vor dem berühmt-berüchtigten “Frankfurter Kranz” zu warnen – vielleicht war es aber auch “nur” der Stolz auf meine Entwicklung:

Veganer Soja-Käsekuchen, und Marzipanbrot im Schlafrock

“Der ist mit 750 ml abgetropftem, neutralem Soja-”Yoghurt” (über Nacht abgetroft),  Vollkorn-Dinkelgrieß, Limettensaft, 8 Teelöffel Rohrohrzucker, Bio-Zitronen-Schalenabrieb und gepufftem Amaranth gemacht” erklärte ich, und war vom klanglich neutralen “Ach” – das war schon die ganze Antwort -  leicht irritiert.

“Dazu oder alternativ das Hefe-Marzipangebäck” war ein weiterer Vorschlag:

“Ja, es kann schon mal vorkommen, dass die Bildbearbeitung spinnt”, entschuldigte ich mich, fügte noch hinzu, dass ich so eine Darstellung berechtigt fände, weil schon Berthold Brecht von den Vorzügen der Verfremdung gesprochen hätte, “… aber bitte, bei Lichte betrachtet sieht das so aus:

“Och jo, ganz nett, aber ein bisschen unscharf, leider – mir ist da ein echter Dredner Christstollen lieber” war Annelies Bemerkung hierzu, bei der ich nur noch denken konnte “Über Geschmack soll man nicht streiten”.

Insofern konnten wir uns auch auf einen Beratungs-Fortsetzungstermin verständigen…

 

“Kitchen-Fiction & Big Business”: In der nächsten Folge der Küchen-Fiktionsreihe mit Annelie  Schmidtchen geht es um Zaubersauce, Geschäfte mit der Gesundheit, kulturelle Wurzeln  und die Lizenz zum Abnehmen.  Verpasse nichts! Solange es die Serie gibt – lies mit, wenn es heißt “Frau Schmidtchen wirft Ballast ab”!

Die bisher erschienen “Kitchenfiction mit Annelie Schmidtchen”-Beiträge  stehen noch kurze Zeit zum Nachlesen bereit, aber das Beste ist: Die Artikelserie wird fortgesetzt!

 

 

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