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(Selbst-) Betrug – oder ehrlich abnehmen – Handbuch, Teil 11

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Wahr oder falsch – das ist doch mal eine klare Alternative, wenn sie (mir) auch ein bisschen Angst macht, aber: “Ehrlich währt am längsten”!

Für die These, dass man sich (und auch andere) durchaus schon mal belügt, gibt es Beispiele und Belege zuhauf, im Bereich “Körpergewicht” ist bekannt, dass Männer sich gerne größer, als sie sind, schätzen, und Frauen leichter.

Umfragen zum BMI liefern gerne mal falsche Werte, und Umfragen (“Studien”) gibt es auch zuhauf, weil die ganzen Bachelor-Studenten ja ihre Bachelor-Arbeiten nicht als leere Blätter abgeben können, und ihre Profs keine Ideen für sinnvolle Themen haben, also heißt es “Machen Sie doch eine Studie”.

Die Studien beruhen dann auf Statistik (schwierig!) und unklaren Fragestellungen, auf Fragen, die schnell beantwortet sein müssen und nicht in die Tiefe gehen – heraus kommt zum Beispiel:
“Neun Zehntel aller Urlaubsreisen beginnen zwischen vier und fünf Uhr morgens” und 95% aller Diäten scheitern, und dann kommt gar noch eine Schlussfolgerung “aus der Statistik”, die Ableitung  “… also taugen Diäten nichts…”.

 

Die Götter schicken Donnervögel, die Essen bringen: Ist das wahr oder falsch?

Wenn es wahr ist, geht das Gedankenkonstrukt so weiter: Keine Diät taugt was, und das hat Konsequenzen:

Also kann ich auch nicht abnehmen, das ist doch angewandte Logik? Und streng wissenschaftlich gedacht, Beobachtung + Schlussfolgerung, oder sogar eigene Erfahrung + Schlussfolgerung!

Im zweiten Weltkrieg wunderten sich Melanesier, dass immer dann, wenn die Fremden (Amerikaner im Krieg gegen Japan) auf einen Turm (“Tower”) stiegen und beteten, deren Vorfahren Flugzeuge voll beladen mit Essen schickten. Da bauten sie Türme und beteten auch…

Cargo-Kulte entstehen, wenn man beobachtete Rahmenbedingungen richtig steckt, aber das wesentlich Erhoffte nicht geschieht, weil etwas Zentrales nicht verstanden wurde. Wir schauen uns einmal Heilslehren in Politik, Wirtschaft und Kultur an – wie sie Türme und Landebahnen bauen und auf ihre Erlösung warten, wobei Berater ihre Händchen halten.

Weil die ersehnten Flugzeuge Frachtflugzeuge waren, hat Gunter Dueck beim sinnlosen Bau von “Landebahnen” und (“Leucht-”) Türmen von “Cargo-Kulten” gesprochen, und gleich ein paar unserer modernen Glaubenssätze  aufgezählt:

Solche Worthülsen in Wirtschaft und Politik bewirken nichts außer Stillstand, während offiziell Inovationen gepredigt und verkündet werden; im Vortrag hat Gunther Dueck pointiert verdeutlicht, wie wir uns systematisch selbst belügen.
Beim “bedingungslosen Grundeinkommen” – das wäre ein schönes Element in einer besseren Welt – etwa bemängelt er, dass auch das finanziert werden muss, wie auch die Rente und die Kosten fürs Gesundheitssystem  (den Arbeitgeberanteil hat er offenbar in seiner Schnell-Rechnung vergessen) mit durchschnittlich vielleicht 1200 Euro pro Nase und Monat.  Da stellt sich doch die Frage, wie lange es noch gut geht, ob wir nicht bessere Präventionsarbeit brauchen, und weniger sinnlose Ratgeber-Bücher.

Blitzschneller Reichtum, und Abnehmen ohne nachdenken…

Klar, die Ratgeber nach dem Muster “In 10 Tagen vom Tellerwäscher zum Millionär” entlarven sich eigentlich von selbst.

Bei den Ratgeber-Bücher nach dem Muster “Nichts ändern (oder nur einen geheimen Tipp anwenden) und schlank, gertenschlank und fit ohne Mühe und ohne Veränderungen” finden wir immer wieder Dumme und Neugierige – und vielleicht gibt es ja auch Bücher, die gar nicht verkehrt wären, wenn die LeserInnen sich bloß daran hielten.

Heilslehren und Ratschläge für den Weg in den Himmel  gibt es zum Geldverdienen wie zum Abnehmen, und beim Körpergewicht, das merkwürdigerweise seit den 70-ern global ansteigt, könnte Prävention das Gesundheitssystem entlasten, nach dem schönen Motto:

Adipositas eindämmen. Prävention – ein Leben lang

Das Motto könnte von mir stammen. Aber wer hält sich daran?

In Deutschland belaufen sich einer Studie aus dem Jahr 2008 zufolge die durch Adipositas verursachten Kosten auf 13 Milliarden Euro pro Jahr (Knoll/Hauner 2008) … . Doch in Anbetracht einer steigenden Prävalenz von Adipositas … sollten Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung bei Adipositas …  verstärkt in den Blick genommen und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. (Quelle)

Bei “Prävalenz” geht es um Häufigkeit einer Erkrankung, der Begriff  Prävalenz stammt aus dem Lateinischen: praevalere – Übergewicht. “Weil das Übergewicht überwiegt, sollten wir Maßnahmen ins Auge fassen und ihre Wirksamkeit überprüfen”:

Da haben wir genau das von Gunter Dueck kritisierte  “wir sollten, wir müssten”, das keine Konsequenzen hat – bei der Adipositas geht es nicht “nur” um vertane Marktchancen, sondern um die Chancen für unser aller Gesundheit; die “Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V.”  fordert im Konjunktiv, fördert aber nicht innovativ und wirksam die Prävention der Adiposiatas – da muss man dringend neue Rezepte ins Spiel bringen, auf breiter Basis. Die fallen aber nicht vom Himmel, die werden auch nicht immer den üblichen Gewohnheiten entsprechen, das ist mit Arbeit, Neugier, Probieren und Auswählen verbunden. Diese Rezepte für den Kochtopf und auch die für die Lebensweise fehlen aber noch, zumindest deren Anwendung wird vernachlässigt.
Was nicht ist, kann noch werden…

Prävention – ein Leben lang

Bei aller Adipositas-Bekämpfung darf man aber allgemeine Faktoren nicht außen vor lassen – “Gesundheit” im Ganzen ist ein Puzzle von Risikofaktoren, die wir mit offenen Augen übersehen:

Mental health factors like loneliness, and sensory factors like hearing loss, can matter more to someone’s well-being and risk of death than traditional measures like cancer and high blood pressure, a new study suggests. (Quelle)

Zudem ist Gesundheit wohl doch mehr als die Abwesenheit von Krankheit, und kein Unglück fühlen ist noch nicht glücklich sein

 

Warum Adipositas-Prävention?

Es geht mir tatsächlich um etwas bessere Gesundheitschancen, um Möglichkeiten, gesundheitsschädliches Übergewicht loszuwerden – nicht um “Erleichterung aus kosmetischen Gründen”, wenn auch das ein ehrenwertes Motiv ist, das, wenn es zu sehr und wirkungslos nur ersehnt wird, schließlich auch krank machen kann, aber auch, wenn es beim vorgestellten Idealbild um eine Einbildung & Fata Morgana, ein unrealistisches & unnötiges Ziel geht.

Vermutlich wird bereits angedacht, die lebenslange Prävention schon in der Kinderkrippe zu beginnen, und Erzieherinnen werden geschult, das Fett-Sparen zu unterrichten oder mit gutem Beispiel voranzugehen und es bei einem Kinderteller als Mittagessen zu belassen, kalorienfreie Cola zu trinken und Margarine-Vollkorn-Croissants zu frühstücken, aber Süßstoffe sind nicht die Lösung, sind nicht besser als Zucker.

Sollen Kinder so zu autonomen Erwachsenen erzogen werden, und darf jeder den Bedeutungsraum von “Selbststeuerung” schrumpfen, bis nichts mehr übrig ist, oder ausdehnen, bis er zerplatzt?

Für Erwachsene gibt es innerhalb der “sekundären Prävention”, die gebraucht wird, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, keine erfahrungsbasierte, soziale Gruppenschulung, sondern institutionelle Belehrung, häufig durch gedruckte Ratgeber vermittelt. Papier, keine persönliche Ansprache. Oder Sachbearbeiter, aber keine Dialogpartner.

Was wir bisher an “gesundheilicher Prävention” haben, ist doch eher oberflächlich. Führt diese “gesundheitliche Aufklärung”, die mal zum Obst-Essen, mal hauptsächlich zum Brot-Verzehren, zum Milchtrinken für Erwachsene aufmuntert, zum Umdenken?

Haben wir das Optimum der gesundheitlichen Aufklärung in der Praxis realisiert, oder nur ein kleines Minimum, das von den Werbeaussagen der Süßwaren- und Getränkeindustrie locker übertönt wird?

Dueck sprach in einem ähnlichen Zusammenhang (zutreffend!) von der Schwarmdummheit: Die gipfelt darin, Anderen zu schaden, ohne, dass irgend jemand einen Nutzen davon hat.

 

Dummheit

Stress führt zu erhöhtem Cortisolspiegel, Stress erhöht den Blutzuckerspiegel, was die Bauchspeicheldrüse veranlasst, vermehrt Insulin auszuschütten. Insulin wiederum sorgt für die Einlagerung von Fett. Allein diese biologischen Reaktion sorgen für eine permanente Gewichtszunahme.

Wir verleugnen den Stress, den wir gemacht bekommen oder uns selbst machen. Wir projizieren Ängste und Unsicherheiten auf einen normalen Körper, der bloß nicht den Idealen, den Idolen, den HeldInnen entspricht.

Das Leben kann mit oder ohne Arbeit sehr stressbelastet sein, das kann zum Verlust des Vertrauens “in die Menschheit” führen – und wir bleiben in der Tretmühle?

 

Auswege

Sicher – wer dick ist, hat weniger Chancen in der Gesellschaft. Vielleicht ist es nicht der schlechteste Anfang, sich wegen seines Gewichts keinen Stress mehr zu machen, sondern Schritt für Schritt Veränderungen zu üben, zu beginnen.

 

 

Alle Artikel aus der Serie “Handbuch zum Abnehmen” findest Du im Artikel “Das kleine Handbuch zum Abnehmen”. Die Serie wird fortgesetzt…

 

 

Liebe(r) LeserIn!

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2 Kommentare

  1. Ein wenig mehr Ehrlichkeit zu sich selbst wäre vielleicht erhellend.
    Ich habe festgestellt: ich will eigentlich gar nicht abnehmen.

    Das “Ich”, das das erkennt, ist allerdings keines, das sich alleine mit dem Verstand identifiziert, sondern das ganze Wesen, das ich bin, in den Blick nimmt.

    Und in diesem Ganzen ist der Benefit des Abnehmens ein blasser, abstrakter, nur “vewrnünftiger” Gedanke wie “mehr Gesundheit”, “Vorsorge” – ganz am Rande auch noch ein wenig “schlankere Linie” (ein Aspekt, der mit zunehmendem Alter irrelevanter wurde).

    Im Alltag esse ich eben ganz gerne, und zwar auch gerne unaufwändig. Als Pausenfüller, als “Highlight im Tag”, Essen als sicherer und simpler Genuss-Bringer. Und fühl mich sogar recht wohl mit dem an sich ungesunden Level an Übergewicht…

    Das Engagement, hier nachhaltig etwas zu verändern, entsteht bei mir und wohl vielen anderen eben nicht aus den “blassen Gedanken” – sondern erst, wenn spürbar gelitten wird.

    Diäten funktionieren, dauerhafte Ernährungsumstellung auf jeden Fall, Kalorien zählen (und ein “Defizit essen”) führt sicher zum Abnehmen.

    Man muss es aber eben richtig wollen – auf Dauer, nicht nur ein paar Monate lang.

    • Klar ist, dass das Thema “ambivalent besetzt” ist. Eigentlich und uneigentlich, und ich könnte, sollte, möchte…
      Andererseits ist dann das “Ich” auch nicht so klar definiert. Als Instanz zwischen “Es” und “Über-Ich” sich das Ich vorzustellen, ist wohl überholt. Was, wenn das “Selbst” irgendwo auch das “Wir” beinhaltet?
      Das Leiden, das Leid wird dann ja auch häufig überspielt & nur am Rande wahrgenommen, und die Frage “Was ist gut für mich” wird oft genug aufgrund der Gewohnheiten entschieden. Im Extrem will einer nicht abnehmen, weil er glaubt, es nicht zu können. Die Medizin hat hier eigentlich keine Antworten, und auch die Psychologie nicht. Welcher Psychotherapeut kann souverän mit dem Thema umgehen?
      Man muss gar nicht “wirklich richtig” wollen; es reicht, auf dem richtigen Weg zu sein und zu bleiben ;-)

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