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Dr. Hofreiter & die schwarz-grüne-Koalition der Fleischgenießer

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"Bewölkt"

Klimawandel und "Diät" beeinflussen sich gegenseitig - zum Artikel per Klick aufs Bild

Der/die nächste Bundes-LandwirtschaftsministerIn  muss grün werden, jedenfalls von der Gesinnung her, der Umwelt zuliebe – was der Verzicht auf Milchquote, die Flächenversiegelung und die industrielle Landwirtschaft uns gebracht haben, sehen wir ja beim Blick aus dem Fenster: Hagel, Starkregen, Sonnenschein einmal alle 14 Tage – im Juli/August kommt dann die längste Dürreperiode seit Beginn der Wetteraufzeichungen, und Weihnachten blühen die Pfingstrosen, bei den Gärtnern, die noch Zugang zu Gießwasser haben.

Klar, dass nur noch nachhaltiges Wirtschaften das Klima ein bisschen retten kann, wenn überhaupt, und so hat die Zeitschrift “der Spiegel” schon mal für einen grünen Funktionsinhaber mit Faible fürs Landwirtschaften ein nettes Interview gedruckt, mit ganz lieben, harmonischen Fragen und ganz leiser, lieblicher Zukunftsmusik im Hintergrund.
Der Anlass für die Befragung war das neue Buch des Dr. Anton Hofreiter „Fleischfabrik Deutschland“  (eine einzige Abrechnung mit industrieller Massentierhaltung und effizienzgetriebener Landwirtschaft” (Quelle vom 7.6.2016)), das Kanzleramtschef Peter Altmeier für den Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter vorgestellt hat.

 

Ja zum Fleisch

Die Beiden bilden eine “Schnitzel-Connection” , und auf den Teller der beiden Politiker, dieser kleinen Koalition der Fleisch-Liebhaber soll möglichst anständiges Fleisch kommen; “Anständig, ein in Bayern gerne benutztes Wort, bedeutet in diesem Zusammenhang nicht nur gut – sondern fair, ehrenwert, tadellos.”

Das ist nicht gerade ein neuartiger Standpunkt, das ist eine Sichtweise, der jeder Hähnchenmäster zustimmen wird. Mit dieser “Ja-aber anständig” Perspektive relativ viel Resonanz zu finden war das eigentliche Kunststück…

Zwar gesteht Hofreiter als Vorreiter der “grünen pro-Fleisch & Wurst-Bewegung” ein, dass er wahrscheinlich mehr Fleisch isst, als die Erde – wenn alle Weltbürger in diesem Massstab Fleisch verzehren – hervorbringen könnte, von moralischen Skrupel ist dabei jedoch nichts zu bemerken. Auch der Veganisamus als Leitidee, verkörpert etwa in einem “Veggie-Day” bringe nichts, hieß es im Spiegel-Interview, denn

“Der Verbraucher will nicht von uns bemuttert, sondern informiert und geschützt werden”.

Das Borstenvieh hält sich die Ohren vor die Augen, stellt sich blind. Hat es Angst vor seinem Metzger?

Fleisch von glücklichen Tieren mit Auslauf und Bio-Siegel aber wird Luxus bleiben, und Luxus für alle würde bedeuten, dem “besten Fleisch” seine Funktion als Statussymbol zu nehmen.
Sich an einem Tag vegetarisch zu ernähren, aber an sechs Tagen pro Woche sich den Bauch mit einem Schweinebraten zu stopfen (ja, das Wort “reinstopfen” fiel tatsächlich) ändere auch nichts an dem Problem, dass die Übermenge an Gülle nicht gescheit entsorgt wird und Gewässer und Grundwasser versaut.

Voll sachlich und zielführend war das ja nicht, wenn der Landwirtschaftsminister auch den Maisanbau der Großbauern für Bio-Energie fürdert, statt die Exkremente  vergären zu lassen, zwecks Methan-Produktion – das sind so leidige “strukturelle Widersprüche”.

 

Fasten oder Fleischverzicht  für das Seelenheil

Kartoffelpuffer-apfelbrei

Reibekuchen mit Apfelbrei - seit 50 Jahren eines meiner Lieblingsessen, bei dem ich an Verzicht gar nicht denke und das Wort "fleischlos" mir erst gar nicht in den Sinn kommt. Vergrößerte Darstellung per Klick aufs Bild.

Dass, und warum der regelmäßige Fleisch-Verzicht eigentlich auch in Deutschland aus religiös-spirituellen Gründen Bestandteil der Kultur ist, findet in Hofreiters Buch auch keine Erwähnung – angeblich, so lesen wir im Buch auf S. 205,  steigt die Zahl der “… sogenannten Flexitarier, Vegetarier und Veganer stetig. Für manche gilt: Weniger ist mehr. Für andere: Soja statt Schnitzel.”

Schön, mal darüber gesprochen zu haben…
Ob das Schlachtvieh beseelt sei, wird sonst ja auch nirgends diskutiert, da waren die Philosophen des Altertums, die wir ausradiert haben, fortschrittlicher. Zum Beispiel Pythagoras:

Insofern sehen wir – mit großer Trauer im Herzen, dass Hofreiter sich zum Thema “alternative Ernährung” wenig Gedanken gemacht hat.

Die Fakten zur industriellen Fleischproduktion sollten wir kennen – oder kennen wir bereits:

Die Produktionsausweitung fand in den ostdeutschen Bundesländern statt. Die Zahl der Tiere ist deutlich gewachsen, die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe aber ist um etwa 90 Prozent gesunken. Produziert und geschlachtet wird in immer größeren Einheiten. Und immer noch werden neue Bauanträge für Großställe gestellt.

Ähnlich sieht das Bild bei der Milchproduktion aus. … (Quelle)

 

Damit haben wir eine Landwirtschaft, die gänzlich unnachhaltig auch für den Export produziert und fremde Märkte mit subventionierter Deutscher Ware kaputtmacht – womit aber längst nicht alle Fragen beantwortet sind.

 

Fragen an Anton Hofreiter

Was ist Ihr vegetarisches Lieblingsgericht, und wie lange brauchen Sie zu seiner Zubereitung?

Wo liegt bei diesem Zitat der Denkfehler?

Der Schafsmilch-Ricotta war ein Glückfall aus der hintersten Ecke des Kühregals, in dem die Ware, deren MHD näher rückt, zum halben Preis verkauft wird. Zwar nichts für Veganer, aber ökologisch korrekt, ist das Schaf doch meist als Landschaftspfleger unterwegs, ohne mit genmanipuliertem Kraftfutter betankt zu werden.

Wo ist Ihre Bereitschaft zu Veränderungen, wenn Sie auf die Vorteile der Verbindung von milchsauer fermentiertem Gemüse und Hülsenfrüchten angesprochen werden?

 

Wieviel Zucker darf im Ketchup enthalten sein – und welche Alternativen schlagen Sie vor, ohne uns zu bemuttern?

Kann der Bedarf der Bevölkerung  an Omega-3-Fettsäuren (weltweit!) noch mit herkömmlichen Methoden gedeckt werden?

“Die Politik … muss sich um die kleinbäuerliche Landwirtschaft kümmern” – wie steht es in dem Bereich um Neugründungen von Betrieben?

Bedeutet nicht auch die moderne Kleinfamilie den Tod der Esskultur, das Ende der häuslichen Kochkunst?

Warum werden Themen wie “die essbare Stadt” nicht von allen grünen Ortsvereinen unterstützt und durchgesetzt?

Warum ist ein Bauchumfang von ü100 bedenklich, und an wen denken Sie jetzt?

Ehrlich?

Was hatte Frau Künast in ihrer Zeit als Ministerin eigentlich richtig gemacht – da gab es doch auch ein Buch, das nicht vom Bemuttern, aber von Bevormundung geprägt war – sind Bemutterung und Bevormundung nicht eigentlich schrecklich nahe Verwandte?
Die Dickmacher. Warum die Deutschen immer fetter werden und was wir dagegen tun müssen. Riemann Verlag, München 2004

Aquaponik und Algenzucht im Bio-Reaktor – sind das Grüne Themen?

Ist heute mit einem Thema we “Die Dickmacher” noch ein Blumentopf zu gewinnen – und gibt es einen Zusammenhang zwischen Fleisch- und Wurstkonum und Adipositas?

Wenn es sich um ein vielschichtiges Problem handelt – was nutzt dann eine ein- oder zweidimensionale Betrachtungsweise?

 

Bei DRWissen finden wir folgende Zusammenfassung:

Vieles, was Hofreiter beklagt ist bekannt. Er will nicht nur den Konsumenten Tipps geben, damit die über ihr Essverhalten nachdenken. Er will, dass die Politik handelt. “Entscheidend ist, dass die Stellschrauben verändert werden. Entscheidend ist, dass die Gesetze verändert werden.” Zurzeit erhalten zwei bis drei Prozent der größten Betriebe über 25 Prozent der Subventionen, sagt Hofreiter. Er fordert andere Kriterien, um die Förderungen zu verteilen. Zum Beispiel Tierwohl oder Naturschutz.

Viel fällt mir dazu nicht ein, nur

  1. Was will ich mit einem Buch, das mir nichts Neues bietet?
  2. Tipps zum Essverhalten sollten den Experten vorbehalten sein, und die Experten sollten unabhängig sein. Beispielsweise könnte das eine reformierte DGE im Ansatz leisten – momentan hält sie nur an einem Status Quo fest, am Gegenteil von fortschrittlich.
  3. Der Anteil der häuslichen Lebensmittelproduktion aus dem eigenen Garten ist im Zuge der “Beschleunigung” bedenklich zurückgegangen. Dabei wird der jungen Generation viel an Umweltwissen vorenthalten. Vielleicht versinkt sie im Konsumismus.
  4. Subventionen nach dem Motto “Wer hat, dem wird gegeben” sind undemokratisch.
  5. Wildschweinplage auf der einen Seite – aussterbende Feldhamster auf der anderen: Wenn Naturschutz nicht mehr stattfindet…
  6. Wie soll die Welt in 10 Jahren, in 100 Jahren aussehen?

Einige vernünftige Forderungen finden sich in einem Interview der Deutschen Welle. Durchweg handelt es sich um politische Forderungen – und es kommt nur noch darauf an, sie umzusetzen, auch aus medizinischen Gründen, “Für Reserveantibiotika sollte es  … Einschränkungen in den Tierställen geben” ist zum Beispiel eine alte Forderung, gegen die immer noch verstoßen wird, während die Antibiotikaresistenzen in den Krankenhäusern längst nicht mehr selten sind. Dieser bekannte Skandal zeigt aber auch einen weiteren Skandal, nämlich dass die Verantwortlichen Däumchen drehen und die Betroffenen sich nicht trauen, den Mund aufzumachen – oder, wie die Ärzte,  von professioneller Apathie befallen sind.

 

Vegane/vegetarische Rezepte

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Schlusswort:

Ich finde den “Verzicht” auf den Veggie day empörend. Nur weil die Befürworter sich vor ener guten Weile ungeschickt um seine Einführung bemüht hatten – und von BürgerInnen der Couleur “Mein Gaumen gehört mir – keine grünen Ernährungsrichtlinien mit uns und nur über unsere Leichen” verhöhnt wurden ist es nicht gerechtfertigt, den temporären Fleischverzicht fallen zu lassen wie eine brandheiße Kartoffel.

Natürlich bringt der Veggie-Day, der ja keinem religiösen Gesetz entspricht, dessen Befolgung freiwillig wäre und dessen Nichtbefolgung nicht bedeutet, dass den “Sündern” die Zunge herausgeschnitten wird, eine Entlastung für die Umwelt – vor allem aber sollte es möglich sein, hierüber die Erfahrung zu machen, dass es durchaus möglich ist, (mal oder gar überhaupt) fleischlos zu leben – und hieraus eine neue Gewohnheit herauszubilden, die Sinn stiftet:

Der Veggie-Day könnte auch ein Symbol der Solidarität mit der gesamten Weltbevölkerung sein – unmöglich wird es möglich, Allen unseren Lebensstandart zu ermöglichen, und unmöglich wird unsere (Land-) Wirtschaft unendlich weiter wachsen wie bisher.

Der Weg vom Zeichen der Solidarität zur gelebten Solidarität wird ohnehin national und international noch weit genug sein; desto wichtiger ist es, erste Schritte zu machen, statt vor der erstbesten Bauerndemo mit schweren Schleppern, den nächstbesten Lobbyisten der Lebensmittelbranche den Hut zu ziehen.

 

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2 Kommentare

  1. Die Deutsche Landwirtschaft ist nicht nur Zulieferer für die Fleischfabriken, sondern auch für die Raffinerien – gerade musste ich sehen, dass das “Bio-Sprit”-Programm überhaupt nichts bringt.
    Auch hier ist den Bauern die Umwelt eher egal, und sie machen bei diesem System einfach mit und verteidigen es.

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/e10-treibstoff-die-maer-vom-prima-klima-sprit-a-749055.html

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