Fangen wir die heutige “Lektion” in Sachen Essig mal mit einem Gedanken an einen Stoff, der mit dem Essig gar nicht weiter verwandt ist, ihm aber nahesteht, an: Zwar flüssig, aber gar nicht wässrig, lecker, aber meist in Kombination mit “Anderen” und nicht alleine, tritt häufig als “Tandem” auf wie Pfeffer und Salz: Ohne Öl geht gar nichts in der Küche, Öl und Essig stehen häufig gemeinsam auf dem Tisch, machen den Salat fertig und so weiter.
Aber, keine Angst, das war für heute auch schon alles zum diesem Punkt, zum Öl, und schauen wir mal, was dazu in der Zukunft noch zu sagen sein wird.
Der Zusammenhang von Essig und Öl leitet sich auch aus einem simplen Gedanken ab, der zwar nicht beweisbar, aber doch einleuchtend ist:
Eine Grundregel aus der Genusslehre
“Vorfreude” auf Essig ist machbar, Herr und Frau Nachbar, und mit Ingwer und Essig sollte auch die “doppelte Freude”, die geteilte Freude, machbar sein:
Womit wir auch schon wieder beim Thema sind. Für so manche Spezialität ist Essig einfach unentbehrlich:
Gari
Das Rezept für den eingelegten Ingwer stammt ursprünglich aus dem “Land der aufgehenden Sonne”, womit Japan gemeint ist, und ist offenbar eine unverzichtbare Beilage beim Sushi, wo “Gari”, wie Manche meinen, möglichen Magenverstimmungen vorbeugt, und überhaupt: “Die antibiotische und antivirale Schlagkraft in Bezug auf die Vernichtung von Krankheitserregern ist enorm.” (Quelle)
Daran, und dass die eingelegten Ingwerscheiben auch als “Lutschbonbon” tauglich sind, hatte ich gar nicht gedacht, sondern wollte lediglich einen zufällig großen Vorrat an Ingwer vor dem Austrocknen retten.
Das Gari-Rezept:
150 Gr. Ingwer schälen, in Scheiben schneiden, jeweils leicht salzen. In geschlossenem Glas ca. 14 Tage im Kühlschrank aufbewahren. Dann 20 Gr. Roh-Rohrzucker hinzufügen und 15 min. im Glas dämpfen, abkühlen lassen, mit mildem Rosé-Zitronenessig (hier: ca. 60 ml.) aufgießen, und verschlossen im Kühlschrak aufbewahren.
Haltbarkeit = ca. 6 Monate (ohne Gewähr)
Das Gari-Rezept findet sich in vielen Varianten veröffentlicht, oft auch mit dem Hinweis, Gari gäbe es im gut sortierten Asia-Shop zu kaufen. Das heißt: So selbstverständlich wie Ketchup oder Senf ist Gari gar nicht – wohl eher unbekannt in Deutschen Landen. Die Rezepte “verlangen” dann nach Reisessig als Zutat; wenn immer einer beim Anderen abschreibt kommt nichts Neues dabei heraus.
Wenn Etiketten wichtig werden
Noch ein praktischer Hinweis: Beim Gari-Gläschen ist zu erkennen, welche Lösung ich fürs Etikett gewählt habe: Aufgeklebte Etiketten, womöglich mit wasserunlöslichem Kleber, finde ich problematisch, weil damit die Wiederverwendung des Etiketts schwierig wird. Und ohne Etikett geht es nicht, wenn Du Deinen Launen folgst und aus einem “Stamm” mehrere Variäteten ableitest.
Welche Kräuter sind welchem Essig wann hinzugefügt worden? Nach einer Weile – speziell auch bei mehreren ähnlichen Essig-Variationen brauchst Du ein verlässliches Etikett; das Prinzip am Beispiel des Essig-Ingwers:
Das Etikett ist abnehmbar, kann leicht ergänzt oder auch später durch eine andere Etikett-Variante ersetzt werden .Du brauchst nur ein Blatt Papier und den Deckel des Gefäßes, das Du “etikettieren” willst, einen Stift und eine Nagelschere: |
Das Etikett, das nicht klebt
Deckel umzeichnen, Umrisse des Etiketts einzeichnen, etwas kleineren Kreis ausschneiden, kurze Schnitte bis zum Kreis und dann das Etikett ausschneiden, beschriften, “aufstecken”.Fortgeschrittene Essig-Brauer können sich das Papier fürs Essig-Etikett auch selbst züchten:
Je nachdem, welche Form Dein “Essig-Fermenter” hat, kannst Du theoretisch die Essigmutter abheben, trocknen lassen (und bügeln?). Das so gewonnene Papier soll sehr stabil und belastbar sein – in früheren Zeiten muss es sogar für die Membranen von Lautsprechern verwendet worden sein. Im “Handspinn-Forum” findet sich eine Mitteilung hierzu, wobei der Autor den Kombucha-Pilz bevorzugt, der in einer engen Beziehung zur Essigmutter steht… |
Wer stellt den guten Essig her?
Es wäre ja schön, wenn es langsam weitergeht mit Eurem Essig-Ansatz – aber Geduld ist eine Grundtugend- speziell bei der “häuslichen Essig-Manufaktur”. Es kann natürlich auch sein, dass Essig-Machen einfach nicht “das Ding” der hiesigen LeserInnen ist – dann wäre es schön, wenn Ihr nach dem Prinzip “weniger ist mehr” eine Quelle für guten Essig habt.
Kürzlich hatte ich im Qigong-Kurs eine Flasche “hausgemachten” dabei, die für den Kursleiter bestimmt war, und mir wurde die Frage
“Wozu brauche ich einen Wein-Essig aus natürlicher Produktion?”
gestellt. Die Antwort hatte ungefähr diesen Wortlaut:
“Nun, Essig brauchen wir zum Beispiel für den Salat, nicht unbedingt für eine Linsensuppe, aber mir schmeckt die mit einem guten Essig auch besser.
“Natürliche Produktion” – das ist eigentlich ganz einfach: So ziemlich jeder Wein, den Du offen stehen lässt, wird irgendwann einmal sauer, also zu Essig. Das passiert, weil die Essig-Bakterien, die überall in der Luft umherschwirren, Alkohol lieben und auffressen. Die Essigbakterien schwimmen also im Wein herum und vermehren sich. Gleichzeitig sind sie soziale Wesen, die sich, wenn sie einander begegnen, vermutlich an den nicht vorhanden Armen unterhaken, gegenseitig festhalten, verketten. Dabei bilden sie eine dünne Schicht, die oben schwimmt, oder mal zu Boden sinkt oder in der Mitte schwimmt, und wenn sie sich weiter vermehren, wird die Schicht dicker.
Diese nasse Masse nennt man auch Essigmutter – und wenn Du erst mal eine Essigmutter besitzt, hast Du gewonnen, denn mit ihr kannst Du ziemlich zuverlässig in der Essigproduktion dabei sein.
Es gibt auch Essig, der aus “Branntwein”, also aus Schnaps oder eben reinem Alkohol hergestellt wird. Der ist dann aber auch nur sauer, während der Weinessig verschiedene Aromen mitbringt, und gesunde Stoffe aus dem Wein, zum Beispiel von den Schalen der Weintrauben. Je besser der Essig, desto besser zum Beispiel Deine Salatsauce, Deine Limonade, oder auch Dein Senf”.
“Ja dann – vielleicht” war sinngemäß die skeptische Antwort, die zeigt, dass ich noch viel Überzeugungsarbeit leisten muss oder müsste – wenn das denn überhaupt möglich ist, eingefahrene Einkaufsgewohnheiten noch zu beeinflussen.
Intensiver genießen – mit Essig
Nicht der Essig allein macht den Genuss aus – aber nichts geht ohne ihn, beispielsweise bei Gewürzgurken, deren Sud, auch “Gurkenwasser” genannt, ohne Essig nicht denkbar ist und günstigenfalls Qualitäten hat, die eine Weiterverwendung als geboten erscheinen lassen.
Was hier, im Gläschen aussieht wie eine Baby-Mahlzeit, ist kein harmloser Brei, sondern ein blasser Senf, farblos, weil ohne Kurcuma. Naturscharf, nur von den Senfkörnern, mit einer hintergründigen Süße von Feige, Annanas, Apfel und wenig Rohrzucker, Dill- und Ingweraromen von Gurkenwasser, elastisch-cremig durch Wasser und einen kleinen Rapsölanteil, aberundet mit einer Prise Salz, Das wars.
“Besserer Genuss” ist nicht, wenn bekannte Markenlogos automatisch Zugreifreflexe auslösen, weil die Werbung immermalwieder längst geschehene Konditionierungen abruft oder subtiles Product-Placement mit dem Nachahmungstrieb spielt, besserer Genuss ist, wenn achtsames Schmecken auf guten Geschmack trifft, wenn das Wasser im Mund zusammenläuft, weils “besonders” schmeckt, wenn “es” (hier: Der Senf) besonders ist. Und solchen selbst gemacht zu haben, berechtigt auch zu einem gewissen Grad an Stolz auf die eigene Kreation…
Und demnächst in diesem Blog:
Der finale Artikel zur Essig-Artikelserie…
Zum “Essig selbst machen” gibt es mehrere Artikel -
hier der Link zum Inhaltsverzeichnis der Artikelserie
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