essig-einblick

Essigsäure – ein unterschätzter Bestandteil der Lebensmittel

| Keine Kommentare

“Sonnenaufgang über dem Feldberg im Taunus” – das Bild vermittelt doch eine bestimmte Stimmung, hier von Ruhe vor dem eigentlichen Tagesanfang, vielleicht noch von frischer Luft, und heiß wurde es dann ja auch noch am 12. September, einem der heißesten Septembertage seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Diese kurze Betrachtung sollte a.) ein Foto, das ich spontan gemacht hatte, “unter die Leute bringen” (ich wollte es halt mal g’schwind herzeigen), b.) vermitteln, dass das Leben nicht nur aus Essen und Trinken besteht, dass etliche Faktoren unser “Gemüt”, unsere Stimmung beeinflussen – also gibt es viele “Genussmomente”, die man zwar nicht unbedingt festhalten muss, aber zumindest wahrnehmen sollte.

Schließlich – wir kommen wieder zum Thema der Artikelserie – heißt es auch

“Sauer macht lustig”

- und angenehm-sauer kann zudem erfrischen, Durst löschen, spezielle Bedürfnisse befriedigen – das ist ein Aspekt beim Essig, der in unserer offiziellen Ernährungslehre stark vernachlässigt wird, weshalb die Ernährungslehre auch so verwahrlost wirkt, wenn man hinter die Hochglanzfassade der Getränkeindustrie blickt jedenfalls, denn die will mit maximalem Zuckereinsatz ihren Zweck erfüllen, und weil der Zweck (das Gewinne-erzielen) die Mittel (Zucker einrühren) heiligt, ist uns selbst der “kleine Verzicht” aufs Übermaß unheimlich, widerspricht er doch allen Warenangeboten, die wir, weil wir uns daran gewöhnt haben, für naturgegeben halten.

 

Essig-Mineralwasser Minze-Johannisbeere – Eiskalt genießen!

Ziemlich frei von zugesetztem Zucker ist dieses selbstgemachte Erfrischungsgetränk auf Essig-Basis:

3-4 TL eines milden Rosé-Essigs, der mit Zitrone und Minze aromatisiert ist, dazu zwei Würfel eingefrorener Zitronensaft, 2 Obst-Nektar-Eiswürfel “Johannisbeere”,  einige Eiswürfel von Mineralwasser, mit kaltem Mineralwasser aufgießen.

 

In manchen Gartenlokalen gibt es Ähnliches – aber meist “nur” als wässrige Kräuter- und Obstauszüge, meines Wissens nicht mit Essig. Als müsste man sich vor Essigsäure fürchten, greifen Viele zur braunen Limo, die mit Phosphorsäure daherkommt, ohne einen Gedanken an die Frage zu “verschwenden”, warum und wozu das gut sein soll – E338 wird einfach (und willkürlich?) als “Genussäure” bezeichnet.

Wollen wir das, brauchen wir das, finden wir Essig-Säure nicht mehr zeitgemäß oder ungenießbar? Ich schlage als Antwort das Folgende vor:

“Nein” ist deutlicher als “Nein, Danke”, und “Nein Danke” hat überhaupt nichts gebracht – der magische Abwehrzauber mit dem Anti-Atomkraftwerke-Aufkleber auf dem Elektroboiler in der Küche war wirkungslos. Erst ein Erdbeben im fernen Japan hat hier ein paar Politiker aufgeweckt und in die Laune, zu handeln, versetzt.

Das Foodwatch-Foto illustriert recht anschaulich, dass das Warenangebot uns eigentlich überfordert, und wie "mörderisch" die Konkurrenz der Hersteller untereinander sein muss. Das führt zu meist überzuckerten Getränken, "Alles" wird gesüßt, eigentlich: Übersüßt.

Kritik – schön und gut – aber die Kritik muss auch nach Alternativen, nicht nur nach Steuern fragen

Die Kritik am Zuckerverbrauch macht leider überhaupt keinen Spass, zumal sie müßig zu sein scheint. Vielleicht hat sich in Brasilien der Konsum von Zucker-Limo vermindert, nachdem eine happige Zuckersteuer eingeführt wurde, aber bei uns wird es die nicht geben, weil wir keine Problemlöser mehr sind, weil wir uns mit Scheinproblemen herumschlagen, als wäre Gesundheit nicht auch ein Menschenrecht und Vorsorge nicht Aufgabe des Staates, sondern eine freiwillige Serviceleistung der Lebensmittelindustrie.

Es hat auch der eine oder andere Religionsstifter den Alkohol verboten (obwohl doch bei den Griechen ein Spezialgott fürs Stöffche zuständig war), aber keiner hat den Zucker verteufelt – darüber könnte man doch auch mal einen interkulturellen Dialog beginnen!

Das heißt: Wir müssen selbst die Alternativen finden, vielleicht ganz konservativ in der Geschichte der menschlichen Ernährungsweise, und da finden wir auch den (verdünnten, natürlich)  Essig als durchaus übliches Getränk, auch im Neuen Testament, in einer Szene der Kreuzigung. Trotzdem ist Essig kein sakrales Getränk, aber zwischenzeitlich auch kein weltliches. Das, finde ich, lässt sich aber ändern!

 

Essigsaurer Genuss

Wenn Du Essig braust, stellst Du natürlich keinen Rostlöser her, aber noch bist Du erst ganz am Anfang, nehme ich mal an.

Wer nicht ganz enthaltsam lebt, was den Alkohol betrifft, macht ja ab und zu mal eine Flasche Wein auf, und manchmal sieht es dann später so aus:

Wein-Reste

Der Wein ist zur Neige gegangen, denn alles ist im Fluss, und alles hat ein Ende.

Es ist Deine Entscheidung, was Du mit dem Mini-Rest machst, oder mit dem Inhalt von Weingläsern, die nicht ausgetrunken worden sind: Sammeln oder nicht-sammeln, Essig oder nicht? Die wenigsten haben einen eigenen Weinberg, wo sie speziell für den Essig Weintrauben anbauen können, aber häufig fallen Wein-Reste an, die zum Wegschütten dann doch zu schade sind.

Das folgende Beispiel zum Wein-Restesammeln soll lediglich zeigen, dass auch Kleinstreste noch verwertbar sind, man kann das gelegentlich  so machen, wenn man auch nicht sehr weit damit kommt…

Was bei dieser Art des Wein-Sammelns zusammenkommt, ist nicht viel, aber verdünnt wird hier auch ein “Schnäpschen” daraus, und die Lektionen “Flaschen immer verschließen, besonders im Sommer” oder auch “Das Sieb gehört zu Essigbrauers wichtigsten Arbeitsgeräten” nehmen wir doch mit…

 

Der gefühlvolle Umgang mit der Essigmutter

Kürzlich hatte ich einen journalistischen Text auf dem Schirm, in dem es um die “unterschiedlichen Eigenschaften verschiedener Essig-Hefen” ging, und um die Frage, wann die Essig-Mutter verdorben sei.

Nun ja – der Text selbst war verdorben, weil es zwar Hefen für die Zucker-Verwandlung zu Alkohol gibt, und Essig-Bakterien für die Verwandlung von Alkohol in Essig, aber keine Essig-Hefen – solche Desinformationen sind jedenfalls “irgendwie verschimmelt”. Hefen sind Pilze -  das ist eigentlich Schulstoff

 

Die Unterschiede…

Bei der Hefe wissen wir, dass es Bäckerhefe, Bierhefe, und Weinhefe gibt; bei der Bierhefe entscheidet die Hefe, ob das Bier ober- oder untergärig wird, und spezielle Einrichtungen kümmern sich um die Zucht von “reinen” Linien.

Vom Sauerteig und vom Käse wissen wir, dass die gleichen Stämme in unterschiedlichen Regionen der Welt unterschiedliche Variäteten von Brot und Käse hervorbringen, dass die “Bazillen” also äußerst sensibel auf Umwelteinflüsse reagieren – ähnlich wie bei der milchsauren Gemüse-Fermentation

Bei den sauren Gurken geht "sauer" auch ohne Essg, per milchsaurer Fermentation - das ist gar nicht schwierig - die essigsauren Gürkchen und Pickles, um die Du Dich selbst kümmerst, werden mit Deinem eigenen Essig auf jeden Fall extrem lecker: So viel mal vorab, um Dich weiterhin zum Essig-Brauen motiviert zu stimmen!

Bei den Essig-Bakterien dürfte es ebenso eine große Vielzahl geben; In einer Essigmutter sind vielleicht unzählige “Sorten” von Essigsäurebildnern versammelt, die  miteinander verwandt sind, aber je nach Umweltbedingungen spezifisch aktiv werden, abhängig von Temperatur, Luftqualität, Weinqualität. Es könnte sein, dass Essigmütter sich allmählich an “bestimmte” Weine anpassen, so dass eine Essigmutter in einem neuen Milieu sich “unpässlich” verhält, oder erst “eingewöhnt” werden muss.

Also halte ich es auch für richtig, nicht ein kleines Stück Essigmutter gleich in ein Riesen-Fass Wein zu setzen, sondern sie sinngemäß langsam aufzupäppeln, bis sie “groß und stark” ist und ein paar Litern (verdünntem) Wein auf einmal ausgesetzt werden kann.

 

Deshalb kommt es jetzt darauf an, wie Du mit Deinem Essig-Ansatz umgehst. Viel hat sich da ja noch nicht bewegt, wenig ist bisher dazugekommen, ich finde, es wäre Zeit für Fortschritte.

Aber das ist Deine Sache, ich mache niemandem Druck, weil er zu langsam Essig produziert – “Slow food is good food” sagt ja das Sprichwort, und meinetwegen kannst Du in der Zwischenzeit auch noch einen Brotaufstrich machen – der braucht, damit er auch hintergründig “fruchtig” wirkt, etwas Säure, und wenn Dein eigener Essig irgendwann mal fertig ist…

Ersatzweise kannst Du aber auch Zitronensaft nehmen, – Rezepte sind zum Abwandeln da  ;-)   Das Rezept

 

Grünkern-Erdnuss Aufstrich

hatte ich übrigens im Zusammenhang mit meiner Essig-Recherche gefunden, bei Byodo – Naturkost in Mühldorf; zum Firmen-intern fermentierten Essig lesen wir dort:

“Grundsätzlich wird der ökologische Byodo Essig aus Alkohol gewonnen, d.h. je nach Sorte aus Rotwein, Himbeerwein, Getreidealkohol, etc. Dazu wird der Alkohol in große Gärbottiche gefüllt und mittels Essigbakterien und Sauerstoffzufuhr bei angenehm warmen Temperaturen von ca. 25 °C langsam  zu Essig vergoren. Experten bezeichnen dies als kontinuierliches Verfahren. Der Bio-Essig von Byodo wird nicht erhitzt, um wertvolle Enzyme und Geschmacksstoffe zu erhalten. Die Rohstoffe kommen zu 100% aus biologischem Anbau.”

Was ich gut finde: Dort wird der Essig nicht sterilisiert oder sonstwie konserviert, man vertraut auf das natürliche Potential des Essigs, haltbar zu sein, und der Essig wird lediglich filtriert – von mir aus darf Essig auch natürtrüb sein, darf sich etwas am Boden der Flasche absetzen, aber vermutlich wollen die Kunden es klar.

Beim Nicht-sterilen Essig gäbe es die Chance, mit seiner Hilfe eine Starterkultur für die eigene Essig-Produktion zu bekommen, hierzu die Antwort von Frau Neudecker aus dem Byodo-Marketing auf meine “diesbezügliche” Anfrage:

herzlichen Dank für Ihre Email und die Nachfrage zu unserem Essig.

Die Byodo Essige werden zuerst mit Kiesgur und anschließend durch einen Cellulosefilter (0,5 µm) gefiltert. Dabei wird ein Großteil der Essigbakterien zurückbehalten ( Essigbakterien  <100 KbE/ml). Da diese jedoch nicht zu 100% herausgefiltert werden kann es immer wieder zu geschlossenen Essigflaschen kommen, die eine „Essigmutter“ enthalten. Diese gallertartigen Schlieren oder Propfen können aus den Stoffwechselprodukten der in den Flaschen noch vorhandenen Essigbakterien entstehen. An sich sind sie ein Qualitätsmerkmal des Essigs, enthält das naturbelassene sowie nicht erhitze oder geschwefelte Produkt doch lebende Essigbakterien. Dennoch versuchen wir sie durch die Filterung unserer Essige und die Mitgabe von Tipps zur Aufbewahrung der Flaschen (nicht zu hell, nicht zu warm) natürlich zu vermeiden, da so mancher Verbraucher verunsichert darauf reagiert.

 

Daher könnte man tatsächlich mit einem Byodo Essig in die Essigproduktion einsteigen. Wie schnell diese dann jedoch einsetzt können wir leider nicht sagen.

 

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen. Bei Rückfragen bin ich sehr gerne für Sie erreichbar.

Man könnte also – so mein Vorschlag – zum Beispiel 100 ml von diesem Essig + 100 ml verdünnten Wein in eine Flasche – wie oben abgebildet – geben und die dann an einen warmen, aber nicht sonnigen Platz stellen; ab und zu mal schütteln für die bessere Sauerstoffversorgung und hin und wieder mal vorischtig einen Geschmackstest machen. Das Essig-Wein-Gemisch müsste eigentlich (zusätzlich) so oder so in der Luft vorhandene Essigbakterien “einfangen”, denn die gibt es überall, und bisher ist noch jeder beschädigte Apfel verfault, das nur mal als Beispiel für das “Werk” der Essigsäurebakterien.

Wird der Ansatz saurer – gut. Dann langsam wieder verdünnten Wein hinzugeben.

Oder aber, wie im ersten Artikel der Serie

angemerkt, auf eine vorhandene Essigmutter zurückgreifen.

 

Liebe(r) LeserIn!

Es ist ein kleiner Schritt für den Menschen, aus dem “Essig – könnte ich doch auch wirklich selbst machen” ein “Ich mach’ das jetzt” zu bilden, und um Bildung im Sinne von Weiterbildung geht es ja auch, wenn es um neue Gewohnheiten in der Lebensführung, der “Diät” geht.

Du müsstest dafür vielleicht sogar Deine Neugier wieder einschalten, Interesse aktivieren, Dich auf Neues einlassen – mit der Aussicht auf  abwechslungsreiche Erfahrungen und Deinen schöpferischen Umgang mit Lebensmitteln, der es Dir dann wieder ermöglicht, Deine Beziehung zum Essen neu & “fortschrittlich” zu definieren.

Vertreter der sturköpfigen Fraktion werden hier anmerken, dass es das Alles ja sowieso nicht bringt, keinen Gewinn & Ertrag jedenfalls,  auch besagt ein chinesisches Sprichwort, dass Fische und Schweine die am Schwierigsten zu beeinflussenden Wesen seien: Das mag so sein, aber mit Speck fängt man Mäuse, und hungrig sind diese Tiere allemal öfters, leicht zu ködern, wenn es denn schmeckt.

“Es wird noch besser schmecken” - wenn denn der begonnene Essig erst mal fertig ist, kann ich hier jedenfalls versprechen, und in der nächsten Folge geht es weiter…
Zum “Essig selbst machen” gibt es mehrere Artikel -
hier der Link zum Inhaltsverzeichnis der Artikelserie

 

 

 

 

 

 

Verwandte Artikel::

Hinterlasse eine Antwort

Pflichtfelder sind mit * markiert.

*