essstoerung

Von Essstörungen, Symptomen und Ursachen, Selbsthilfe

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“Was hat das Kind nur – es will überhaupt nicht trinken!?”

Mit dieser möglichen Aussage/Frage wäre eine mögliche frühe “Essstörung” beschrieben; in diesem Satz liegt auch ein Hinweis auf die frühe Verursachung von Essstörungen, auf frühe Störungen, die sich erst im Laufe der Zeit zum Vollbild herausbilden und später mal in der Praxis als Anorexie, Bulimie und Esssucht herauskristallisieren, darstellen, maninfestieren.

So ein Schnuller ist mehr oder weniger nutzlos - und muss jedenfalls in absehbarer Zeit überflüssig werden.

So ein Schnuller ist mehr oder weniger nutzlos - und muss jedenfalls in absehbarer Zeit überflüssig werden.

Dass ein hungriges Kind nicht trinken/essen will, ist eigentlich unvorstellbar, weshalb man auch, wenn es Schwierigkeiten gibt, von einer “Störung” spricht.
Die kann körperliche Ursachen wie eine Infektion haben, kann aber auch damit zusammenhängen, dass das Kind verwirrt ist: So jedenfalls eine psychologische Annahme, derzufolge das essgestörte Kind widersprüchlichen Signalen ausgesetzt ist oder sein kann; es ist der eine oder andere Fall dokumentiert, wo dem Kind, das offensichtlich trinken will, in genau diesem Moment die Brust entzogen wird. Dann kann das Kind nicht seinen Impulsen folgen, und von außen wird die Szene so interpretiert, dass es nicht tut, was von ihm erwartet wird: “Es tut nicht, was es soll, trinkt nicht, wie es sollte”.

Autonome Bedürfnisregulierung, Selbstregulation

Von einer autonomen Bedürfnisregulierung kann beim Kind, das gepflegt und versorgt werden muss, nicht die Rede sein, aber wir Erwachsenen sollten mit Hunger und Durst vernünftig und dabei lustbetont umgehen können.

Dafür haben wir einen Erfahrungsschatz, nicht nur, was Essen und Trinken betrifft, sondern auch die Befriedigung anderer Bedürfnisse betreffend. Der Rhythmus von Wachen und Schlafen spielt sich schon früh ein, ist dabei mit dem der Nahrungsaufnahme eng verzahnt.

Von bewusster Erfahrung kann hier nicht die Rede sein: Wer weiß denn noch,  wie es sich angefühlt hat, wenn an einem Fläschchen der falsche Sauger, das Trinken zu leicht oder zu schwer war? Aber auch auf den Inhalt kommt es an…

T, der Sohn von S. war schon früh ein “schwerer Brocken”, ein “kräftiges”, groß gewachsenes Kind.

“Der bekommt auch abends immer eine extra-Portion Haferflocken ins Fläschchen, dann schläft er auch (meistens) durch’”,

berichtete sie, nicht ohne Stolz in der Stimme.

Das Kind hat sich dann prächtig entwickelt. Später allerdings kamen Lernschwierigkeiten, Probleme mit Aggressivität, die sich auch gegen die Mutter richteten, mangelhafte soziale Integration, Spielsucht und mehr hinzu. Und der inzwischen junge Mann entwickelte eine feiste Wampe, wurde Schokoladen- und Nikotinsüchtig, schafft es nicht in die altersgemäße Selbstständigkeit. Schulabschluss: Fehlanzeige.

Widersprüchliche Anweisungen gelten in der Psychologie als Schizophrenie-erzeugend. Eine eher milde Widersprüchlichkeit liegt vor, wenn der Erzieher “Wasser predigt  und Wein trinkt”.

Hier hatte das Kind die Widersprüche von Mutter und Vater auszuhalten, die eigentlich nicht zusammenpassten (und recht eigentlich mit Niemandem zusammenpassen im Sinne von harmonieren), und der biologische Vater ist, wie ein Vaterschaftstest ergeben hat, unauffindbar. Der war der Mutter nur einmal begegnet, und sie hatte seine Telefonnummer nicht erfragt, oder verschlampt.

 

D., eine junge Psychologin, balanciert seit Jahren an der Grenze zur Anorexie. Sie stellt als Selbstdiagnose “moralischen Masochismus” fest. Seit zwei Jahren pflegt sie ihre bettlägerige Mutter und bemerkt nicht, wie sehr diese sie ausnutzt. Eine symbiotische Mutter-Kind-Beziehung hat es wahrscheinlich nie gegeben – und wird es nie geben, so sehr D. auch hofft, das einst Entbehrte noch zu bekommen: Traurig, aber wahr, dass die Mutter sich eher parasitär verhält und für die Dienste weder mit Gegenleistung noch mit Dankbarkeit zahlt.

Als unentgeltliche Pflegekraft und “Putze der Mutter” verzichtet D auf ein angemessenes Einkommen und schraubt ihre Ansprüche herunter, kann sich die geliebten Besuche im Café nur noch selten leisten, ist aber (noch) zu stolz, beim Sozialamt oder der Tafel um Hilfe zu bitten, wenn sie ihre finanzielle Situation auch als “grenzwertig” bezeichnet.

 ”Ich bin früh traumatisiert worden, habe immer versucht, mich zu verstecken, wenn die Mutter den Stiefvater nach Feierabend aufgefordert hat, die Kinder zu verprügeln.”

 

C. ist mit allen Wassern des Jo-Jo-Effekts gewaschen. Als “kräftiges Kind” mit einem stolzen Startgewicht zur Welt gekommen, hat sie sich zum Abitur schlankgehungert, nach der Heirat rundgegessen, dann mal 4 Wochen bei exzessivem Sport gefastet, war zwischenzeitlich “Gelegenheitsbulimikerin”, und   nach ihrer Scheidung wurde die Magersucht ihrer  Tochter B.  stationär behandelt.

Mein Eindruck ist, dass B lediglich ihrer Mutter zeigen will, wie “es” geht: Unterkalorische Ernährung unter allen Umständen führt zum Abnehmen, und sie schafft demonstrativ, was der Mutter nicht gelingt.

Ich muss ständig ans Essen denken. Was kann ich noch machen, was sind gesunde Rezepte, was könnte den LeserInnen gefallen? Wenn das kein Anzeichen einer Essstörung ist!

 

Die essgestörten Männer

Männer, die die Nahrung verweigern, sind seltener als Frauen, die das tun. In Richtung “Überessen” allerdings sind sie nicht in der Minderheit.  Teils kann man auslösende Ereignisse finden, teils nur das Ergebnis der Gewichtszunahme begutachten, aber häufig finden sich unangenehme, trostlose Situationen, Traumata, Isolation, Enttäuschungen, Hunger nach Anerkennung, das Gefühl der Wertlosigkeit oder unterdrückter Lebenshunger – Dinge, über die gerade Männer nicht gerne sprechen, oder zu denen sie keine Gesprächspartner finden.

Das hier genannte wird oft mit dem Vorurteil “überzogene Esslust und mangelnde Bewegung” abgetan: Das sei keine Krankheit, sondern Fehlverhalten. Sicher haben wir es z.B. bei sozialer Isolation mit enem krankmachenden Umstand zu tun, aus dem der Betroffene herauskomen muss. Er muss auch Enttäuschungen verarbeiten, statt sie immer wieder zu aktualisieren, sich selbst anerkennen und wertschätzen. Wenn “Fußball ist unser Leben” nicht zutrifft, muss Mann sich ein anderes Spielfeld suchen. Lebenshunger zu unterdrücken ist Sabotage.

 

Die Ursachen der Essstörungen

Beziehungsstörungen ( ), Selbstwertkonflikte ( ), Konflikte mit der eigenen Sexualität ( ), negative Kindheitserfahrungen ( ) und Einflüsse der Familie ( ) werden gern als Ursache genannt, auch Störfaktoren wie Alkoholabhängigkeit ( ) oder psychische Erkrankungen von Familienmitgliedern ( ), grosser Stellenwert von Gewicht und äusserem Erscheinungsbild in der Familie ( ), Überbehütung der Kinder durch die Eltern ( )  sowie eine gestörte Beziehung zur Mutter ( ), zum Vater ( ) oder zwischen den Eltern ( ).

Bei den auslösenden Faktoren Trennungen ( ), Scheidungen ( ), Todesfälle ( ), Arbeitslosigkeit ( ) nicht zu vergessen.

( ): Zutreffendes bitte ankreuzen…

Wenn diese Probleme nach dem Motto “Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen” behandelt werden, kann dies die Essstörung nach sich ziehen. Die Orthorexie, bei der es darum geht, unter keinen Umständen etwas Falsches zu essen, ist eine Variante der Aufmerksamkeitslenkung auf das falsche Problem, die vom ursprünglichen Problem ablenkt.

 

Die Essstörung als Symptom

Die Essstörung wird zum Teufelskreis aus Selbstbeherrschung und Verzicht (was einen falschen Stolz erzeugen kann) oder Selbstbeherrschung und Kapitulation vor den Essgelüsten (was Scham erzeugt), oder zur suchtartigen Fehleinschätzung des jeweiligen Substanzkonsums (was einer Verleugnung entspricht).

Mit der Gewöhnung an die psychisch/geistig bedingte Fehlregulation rückt die normale Selbstregulation unter Umständen aus dem Blickfeld, auch ein gestörtes Körperschema verhindert die Wahrnehmung der Krankheit als solcher.

Die Gewöhnung an das Unglück hat schon öfters das Verlangen nach Veränderung verhindert…

Gerade bei stark Übergewichtigen ist es unübersehbar, “dass etwas nicht stimmt”.  Noch die größte Liebe zum Essen kann mit dem Gewicht verbundene Atemnot (um nur ein Beispiel zu nennen) nicht wert sein.

Um das Essen und das Äußere aber drehen sich die Gedanken:

Allen Essstörungen gemeinsam ist die ständige Beschäftigung mit Nahrung, die einen großen Teil der Lebensenergie bindet: Die meisten Gedanken, Zeit und Kraft werden für Essen und Nichtessen verwendet, Körper und Nahrung sind mental dauernd präsent!

Die Patientinnen haben starke Schuldgefühle bei Nichteinhalten ihrer Essensregeln, verlieren das Gefühl für Hunger und Sattsein und können nicht mehr zwischen körperlichem Hunger und seelischen Bedürfnissen unterscheiden. Die Betroffenen können ihr Essverhalten nicht ändern, auch wenn sie dessen Problematik einsehen.

Die Frage “Wofür verwende ich meine (geistige) Energie?” erscheint hier besonders interessant. Wenn es doch keinen Sinn hat, gegen Windmühlenflügel zu kämpfen, wenn alle grüblerischen Gedanken nicht weiterführen, Pläne nicht greifen, der Wille, sich “vernünftig” zu verhalten, als zu schwach erscheint, ist es doch vielleicht an der Zeit, das unvernünftige Essverhalten nicht als das eigentliche Problem, sondern gewissermaßen “nur” als die Spitze des Eisbergs, als Symptom zu interpretieren?

Eine alleinige Reduktion der Symp­tome der Essstörung wäre zu kurz gegriffen, da bei der Behandlung und Besserung der Essstörung häufig andere Süchte oder neurotische Angst- und Zwangssymptome in den Vordergrund treten. Depressive Verstimmun­gen sind bei allen Formen von Essstörungen zu finden. (Quelle)

 

Wenn – um ein Beispiel zu wählen, das möglichst abstrakt ist und hoffentlich niemanden betrifft – jemand einen schmerzenden Stachel im  Fleisch hat und den Schmerz loswerden will, wird er versuchen, den Stachel zu entfernen und die Wunde zu desinfizieren.
Der Schmerz tritt auf, weil der Stachel die Nerven reizt: Ursache und Symptom sind damit identifiziert, und wir bekämpfen natürlich die Ursache.
Wer in dieser Situation eine Schmerztablette nimmt – aber das muss jetzt nicht fortgeführt werden.

Essen kann beruhigen, besänftigen, und natürlich auch ganz zweckentsprechend den Hunger nach Nahrung stillen.

Hunger, Essen und Über-Essen können allerdings, wie wir ja wissen, zweckentfremdet werden.

Wenn T. seiner Mutter den Kühlschrank “leerisst”, um sie zu bestrafen und sich irgendetwas von ihr zu holen, können wir das zum Teil auch als eine Ersatzbefriedigung ansehen. Würde seine Mutter den Kühlschrank abschließen, wäre das auch keine Lösung.

Wenn D. hungert, um sich zu bestrafen, weil sie von der Mutter bestraft wurde und offensichtlich nicht von der Mutter loskommt, weil ein altes Trennungstrauma das verhindert, kann sie ohne Ende Sport treiben, ohne sich grundlegend zu ertüchtigen.

Wenn B. ihrer Mutter zeigt, wo es langgeht, wird Letztere nichts davon haben. Wenn die Mutter die Tochter nicht mehr einholen kann, und die Tochter in eine psychosomatische Klinik geht,  schafft das zwar Abstand, aber keine klaren Verhjältnisse.

 

 

Die Therapie der Essstörung

Ich habe einmal von einem Therpeuten gehört, der nach dem Motto “Der Therapeut bin ich, Du sollst keinen anderen Therapeuten haben neben mir” arbeitet.

Dabei liegt die Erkenntnis und Umsetzung der nötigen Veränderungen im Denken und Handeln ohnehin in der Hand der Patientin/des Patienten, und Veränderungen sind nicht nur bei den Ess-Gewohnheiten angeraten, sondern – wer es vergessen hat, muss jetzt noch einmal zurückscrollen – vor allem bei der Einstellung zum Leben als solchem.

Therapie ist: darüber sprechen

Wer will das nicht: Mit seinen Problemen und Symptomen angenommen werden, natürlich vorurteilsfrei, akzeptiert und geschätzt, vertrauensvoll. (Exemplarischer Kurzfilm Waage e.V. , Hamburg)

Der Anspruch ist auch richtig. Dann kann “Reden” helfen, und das hat nichts mit Magie zu tun. Gerade bei “Figurproblemen” besteht der Wunsch, sich zu ändern, auch wenn dazwischen sich eine Wand aus Resignation aufbebaut hat, weil “alles” nichts hilft, der Hunger zu groß ist – manchmal auch, weil Psychopharmaka oder ein Nikotinentzug ihn verschlimmern.

 

Ängste und “Komplexe”

… sind also wahrscheinlich der Hintergrund des Spymtoms Essstörung. Unter “Komplex”, einem veralteten Ausdruck, können wir uns vieles vorstellen: Auch berühmte Persönlichkeiten hatten und haben sie, Napoleon hat, weil er sich zu klein fühlte (zu klein war? ;-)   ) politische Größe entwickelt.  Und die Ängste?

Anhänger der psychoanalytischen Theorien gehen davon aus, dass innere Konflikte zu Angst führen können. Auch nimmt man an, dass die betroffene Person nicht die Fähigkeit entwickeln konnte, mit normaler Angst umzugehen. In Konfliktsituationen fühlt sich die Person daher überfordert, sodass alte kindliche Ängste in ihr aufsteigen können. Auch treten besonders bei drohendem Verlust (z.B. einer nahestehenden Bezugsperson oder sozialer Anerkennung) akute Ängste wie Trennungsangst auf. (Quelle)

Insofern muss nach Komplexen und Ängsten (auch nach der Angst vor der Angst)  zumindest gefragt werden, denn gegebenenfalls sollte man etwas dagegen tun.

 

Gespaltene Existenzen

Wer auf der Waage entdeckt, dass das Gewicht unbegreiflicherweise mal wieder zugenommen hat, hat sich vielleicht einiges eingefahren, was im Moment in einer Erinnerungslücke verschwunden zu sein scheint. Oder hat ein Anderer den Magen gestopft?
Kleiner Trost: Persönlichkeitsspaltungen sind heute ganz normal – aber das ist auch nur eine These, die sich nciht beweisen lässt. Das “klassische Ich”, das auch mal sich selbst bezwingt und jede Menge Gefahren unverletzt übersteht, der Held also, und Odysseus wäre ein prototypisches Beispiel, ist nicht jedem vergönnt.

Und der “klassische Ich-Bildungsprozess” kann nicht immer gelingen -

“… wegen zu widriger körperlicher und psychischer Umstände: Vernachlässigung, Strafen, Drohungen, Prügel; Prügel wegen Bettnässens, nächtlichen Schreiens, Prügel wegen allem, Prügel als Abhärtung.”

Aber auch ohne Prügel kann so einiges schiefgehen – es kann nicht jeder ein Held sein, aber der Anspruch darauf besteht.

 

Lifestyle-Cultivation

Es ist schön, wenn man sich verstanden fühlt, und kann enttäuschend sein, wenn man sich besser selbst versteht. Wenn die Wissenschaft manche psychischen Symptome als ((vorübergehend) notwendige) Krücke versteht, wenn es heißt, manchmal müsse zuerst an der Angst vor dem Abnehmen gearbeitet werden,  die Sehnsucht nach der “nährenden Mutter” allzulange fortbesteht oder die Esssucht nur eine von viele Alltagssüchten ist – dann ist das vielleicht schwierig, aber auch Anlass, auf die Schwierigketien zuzugehen. Sich zu sortieren, Haus und Gärtchen aufzuräumen und in Ordnung zu halten, Freude zu suchen und zu empfinden. Auch “die gesunde Lebensweise” zu leben…

 

Psychosomatische Aspekte

Wenn Alexander Mitscherlich die These von der “Krankheit als Konflikt” formuliert hat und sie mit einer zweiphasigen Verdrängung erklärte: Zuerst führt der verbotene (aggressive, sexuelle) Impuls zur neurotischen Störung (Tick, Zwang, dysfunktionales Verhalten, “Gehemmtheit”) und, wenn das nicht mehr ausreicht, kommt die neurotische Störung zum körperlichen Ausdruck (zum Beispiel Magengeschwür, Herzneurose bei H.E. Richter) – was ist dann mit den Übergewichtigen auf Diät und ihrer Hassliebe zum Essen?
Nehmen wir mal an, auch die (Prä-) Adipositas könne nach diesem Krankheitsmodell als Ergebnis der zweiphasigen Verdrängung verstanden werden: Das Leiden am “Essen als Konflikt” müsste wohl auch über die zugrundeliegenden Konflikte (verbotene (aggressive, sexuelle) Impulse) kuriert werden. Und um dem Einwand zu begegnen, das Zu-Viel-Essen sei doch “bloß” Ergebnis von kindlicher Überbehütung und “Verwöhnug”: Gerade damit kommen Konflikte auf, im Spannungsfeld von Autonomiebedürfnis und allzustarker Bindung gibt es unsichtbare Ketten, wir sehen oft nur die Rosen, die in die Ketten geflochten sind, die Ausflüchte wie “Weil es mir schmeckt” und “es ist doch meine Entscheidung, wofür ich einen Teil meines Lebens opfere”.

 

Die Therapeuten, bei denen man dies, das Notwendige, machen lassen kann, gibt es nicht. “Heilung” ist ein weites Feld.

Die Selbstheilungskräfte ein wenig zu mobilisieren, war Anliegen dieses Artikels.

Ich hoffe auf weitere Hinweise, Anregungen, Kommentare.

 

 

http://www.fressnet.de/Uebergewicht_und_Psyche.htm

„Wie du Freundinnen und Freunden hilfst, die ein Problem mit dem Essen haben“ (Vom Frauengesundheitszentrum Kärnten)

 

 

Nachtrag:

Die öffentliche Diskussion der Essstörung

Nur einen blassen und oberflächlichen Eindruck von der Essstörung bekommt man aus der Diskussion im öffentlichen Raum – hier – exemplarisch – einige Twitter-Einträge, seit Januar 2014:

“Thigh Gap” & “Bikini-Bridge”: Gefährliche Mager-Trends aus dem Internet

- das war die Schlagzeile einer Boulevad-Zeitung

Das Gehirn von Magersüchtigen und Fettleibigen ist laut einer Studie an der Harvard Medical School anders verschaltet … . Neurowissenschaftler wollen jetzt herausgefunden haben, dass das menschliche Gehirn unterschiedliche Reaktionen auf Essen zeigt, je nachdem, welches Verhältnis sie zur Nahrungsaufnahme haben.

Die Studie zeige, dass bei dem Reiz “Nahrung” vor allem die Areale des Gehirns aktiviert werden, die sonst auf Belohnungen ansprechen. Bei Menschen mit einer Esssucht, nimmt die Aktivität dieser Hirnregion ganz besonders zu, wenn man ihnen Bilder von Lebensmitteln zeigt. Bei Magersüchtigen hingegen nimmt die Reaktion…  drastisch ab. Für die Wissenschaftler ist diese Erkenntnis ein wichtiger Ansatz bei der weiteren Erforschung von Essstörungen.

- aus einer auf weibliche Gesundheit spezialisierten Zeitschrift

Kein Fleisch, kein Zucker, keine gekochten Mahlzeiten: Das Bedürfnis, sich gesund zu ernähren, kann zwanghafte Züge annehmen. Schon sprechen Mediziner von einer neuen Form der Essstörung: Orthorexia…

- ein online-Nachrichtenportal

Irgendwie ist es mir egal ob Essstörung oder nicht. Der Wunsch so zu sein, erlischt nie.

- eine Betroffene?

Das Schöne an so einer Essstörung ist ja, dass man immer wieder überraschend was zu Futtern im Kühlschrank findet *mampf*

ich weiß, das klingt krank und bescheuert aber ich will eine essstörung haben.

Zwei Tweets, zwei Scherze?

Mit einer Essstörung hat dein Leben wenigstens einen Sinn, etwas worauf du dich konzentrieren kannst.

Wenn man sonst nichts hat… ???

Der Wunsch, das die Essstörung schlimmer wäre, da man somit auch bestimmt dünner wäre, ist völlig normal, oder?

Das ist doch ne Krankheit eigentlich, oder? Wenn man es Essstörung nennen kann. :o

Frage & Antwort…

Hab’ gestern einer 14 Jährigen auf Instagram, die immer schreibt ” Hoch depressiv, Essstörung, Bulemie” & dass niemand sie mag, geschrieben, dass sie vielleicht selbst daran schuld ist, dass sie niemand mag, weil niemand “Aufmerksamkeits Schlampen” mag & das niemand, der wirklich ernsthafte Probleme hätte, dass so öffentlich machen würde. Daraufhin wurde ich von ihren kleinen 13 & 14 jährigen Freundinnen angezickt, wie armselig und respektlos und dumm ich wäre! LÄUFT!

Was tut man nicht alles, …

Wtf. Solche Menschen sind echt schlimm. Eine Essstörung so zu glorifizieren, um Aufmerksamkeit zu erhaschen.

“18, weibl., schokosüchtig”

Nicht zu vergessen eine Klinik, die ihren Behandlungserfolg am BMI festmacht – von 15 auf 17 in x Wochen. 70% der Patientinnen sind hinterher mit ihrem Körper zufrieden – oder so ähnlich: “Jedes Gramm zählt”.

Dass in der öffentlichen Diskussion in über 98% der Fälle nur die eine Seite der Medaille gesehen wird, macht das Verständnis  der Adipositas als Krankheit nicht gerade einfacher. Dabei muss man bloß wissen, dass beide Seiten der Essstörung je gegensätzlich gepolt sind. Es geht um die Oralität, mal mit dem Vorzeichen “Will mir kein Essen einverleiben – bäh!”, mal als “Will, muss haben und nicht aufhören!” (Typisches Schwarz-Weiß-Denken? Ich hab’ doch gesagt, jeder Einzelfall ist unterschiedlich).

 

-

Wenn wir uns die Esssötungen polar angeordnet denken -

  • Anorexie “vs” Fresssucht
  • Bulimie “vs” Binge-eating

könnten wir auch zur Gegenüberstellung

  • Orthorexie “vs” Ignorexie

kommen

“Denn sie wissen nicht, was sie essen – sie sind da ziemlich ignorant, was das Essen betrifft”.  Die einen sind zwanghaft darauf bedacht, nichts falsches zu essen, den Anderen ist alles egal – “Hauptsache, es schmeckt”.

 

 

Weitere Links:

Bericht Tagesklinik Magdeburg

Ausstellung zu Essstörungen in Nürnberg

Hintergrund Essstörungen, Bayern3

 

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13 Kommentare

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  10. Sehr, sehr interessanter Artikel,
    viel zu selten angesprochen.

    Auch wenn man vielleicht betonen muss, dass keine Erziehung perfekt ist und nicht jedes “Fehlverhalten” der Eltern zu Essstörungen oder anderen psychischen Störungen führen muss.

    Danke für den Artikel!
    Ganz liebe Grüße

    • … und Danke für den Kommentar!

      Die “perfekten” Eltern braucht auch niemand, die perfekte Erziehung haben wir auch bestimmt nicht – Manches könnte besser sein.

      Dazu kommen noch die Einflüsse der Umgebung, weshab man ja auch von Sozialisation spricht.

      Wer dabei einen Schaden davongetragen hat und etwas ändern will, wird nach Vorne schauen und Verbesserungen suchen, aber nicht nur beim Speiseplan.

      • ich kann das frühe leicht gestörte Eßverhalten von Kleinkindern nachvollziehen auch die kleinen Fehlerchen der Mütter.
        Meine Freundin bekam sehr jung ihr erstes Baby und geriet ausgerechnet an eine Kinderärztin,die sehr genau das Gewicht der Babies in den weiteren Monaten im Auge behielt.Sie empfahl der noch unsicheren Mutter eine genaue Gewichtsmenge der Babykost.
        Tapfer hielt sie sich an die Mengen und mußte alle 4 Stunden aufstehen
        Klar, es wurde ein schlankes Mädchen, sehr lebendig.

        Beim 2 ten Kind 3 Jahre später ,wechselte sie einfach die Kinderärztin.
        Keine strenge Überwachung des Gewichtes beim Baby.
        Sie hatte genug von den Strapaze der ersten Monaten.
        Es wurde ein Junge .Ein zufriedenes ,kleines Moppelchen.
        Das wächst sich wieder raus,raunte die Mutter.

        Pustekuchen,dieser Junge blieb pummelig. Übergewichtig noch im ver tretbaren Rahmen aber grenzwertig.

        • Das ist doch mal ein eindrucksvolles Beispiel, das auch den Aspekt “Beeinflussung von außen” einbezieht: Der Kinderarzt/die Kinderärztin spielt wahrscheinlich “immer” eine wichtige Rolle, ist, was die Familie betrifft, zwar kein Mitglied, mischt sich aber ein.
          Nur am Rande schwingt hier das Stillen hinein – zu sagen, dass bei optimalem Stillen all diese Probleme nicht auftauchen können, wäre aber auch vermessen.
          Was ich über Kinderarzt/ärztin gesagt habe, gilt auch für die Hebamme…
          Der pummelige Bub – ich glaube, da muss man nicht viel mehr sagen, das wird schon deutlich, wie das gekommen ist – gutes Beispiel! In meiner Generation waren die dicken, roten Backen noch ein “Qualtitätsmerkmal”, vermutlich für die Qualität der mütterlichen Versorgung. “Rotbäckchen” hieß dann auch ein Elexier, täglich einen Esslöffel – frag mich nicht, was das war…

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