Beim ARD-Ratgeber Gesundheit gab es mal wieder einen Beitrag zur Adipositas. Diesmal ein Interview mit dem Gehirnforscher Hubert Preissl, der Gehirnprozesse beeinflussen möchte, um Übergewicht vom Kopf her besser in den Griff zu bekommen. Aber wie beeinflusst man Lernprozesse, wie setzt man sie in Gang, und wie gestaltet man sie nachhaltig?
Preissl unterscheidet
- “homöostatische Kontrolle” - man isst so viel, wie man verbraucht.
In Tierexperimenten wurde gezeigt, dass diese im Hypothalamus lokalisiert sind. Dort gibt es Kerne, wenn die verletzt werden, führt das zu Übergewicht, oder die Betroffenen hungern sich zu Tode.
So weit, so gut. Bei frei lebenden Tieren gibt es natürlicherweise kein Übergewicht – Ratten in Menschennähe sind auch schon zivilisationsgeschädigt, und das Hausschwein wird beim Mästen nach Strich und Faden manipuliert, die Wildsau aber wird keinen überflüssigen Speck ansetzen. Neben dieser naturhaften, unverfälschten Regulation gebe es auch die Beeinflussung durch
- unsere höheren kognitiven Funktionen, also dadurch, wie wir ein Essen…
Das ist allerdings wieder ein bisschen dünn, denn der Verstand ist es bestimmt nicht alleine, neben den vegetativen Funktionen; es kommen natürlich noch Emotionen und erlernte Vorlieben hinzu.
Es gibt ja Menschen, die bei Schokoeis – das ist ein Beispiel von vielen – schwach werden.
Inwieweit mit Methoden wie “Biofeedback” etwas am Essverhalten geändert werden kann, wird sich künftig noch zeigen. Ansetzen kann man aber heute schon auf einer bestimmten Ebene:
Wir brauchen auf jeden Fall ein verbessertes Wissen über Nahrungsmittel. Durch den Überfluss, den wir in unserer Gesellschaft haben, ist es für viele schwer zu entscheiden, wie viel Kalorien die Lebensmittel haben. Bestes Beispiel sind Müslis zum Frühstück, die alle für den besten Start in den Tag halten, aber gleichzeitig nicht wissen, wie viel Zucker drin ist. Eine Ernährungsberatung ersetzt aber nicht eine Verhaltensänderung. Um die komplexe Krankheit Adipositas zu verstehen, werden wir uns in Zukunft sehr viel stärker mit den Prozessen im Gehirn von übergewichtigen Personen beschäftigen müssen und weniger mit ihrem Bauch.
“Eine Ernährungsberatung ersetzt keine Verhaltensänderung” – gut gesagt! Wenn die Ernährungsberatung das Ziel hat, dem Probanden das Wissen einzutrichtern, ist sie schon vom Ansatz her gescheitert.
Natürlich muss man sich sein Wissen selbst erarbeiten, oder zumindest das Erklärte nachvollziehen, begreifen, berücksichtigen und sich daran halten, danach richten. Und:
Hunger ist ja nicht eindimensional. … Es gibt im Körper genug Signale, die uns über den Zustand unserer Energiereserven Aufschluss geben. Genau das funktioniert aber heute nicht mehr. Das heißt, die höheren kognitiven Funktionen, wie Gedächtnis, Entwicklung von Lust und Genuss, haben dazu geführt, dass die einfache Kontrolle des Körpergewichtes überschrieben wurde. Auch unser Nahrungsüberfluss spielt dabei eine Rolle.
Nun gut – was das bedeutet, muss man sich mal klar machen. Wer sich an die Portionsdiät hält, übt zwar nicht das Kalorienzählen, aber dafür, den Überblick über die Nahrungszufuhr zu behalten.
Grenzen zu setzen ist ja eine uralte pädagogische Aufgabe, und beim Übergewicht-abbauen wird es darum gehen, dass man lernt, sich Grenzen zu setzen. Keine Angst: Das kann man auch netter sagen, und dann solte vielleicht das Wort “Kulinarik” in der Aussage vorkommen..
Zum Wissen über Nahrungsmittel gehört auf jeden Fall auch die Anwendung des Wissens. Beispiele hierfür sind in der Rubrik Rezepte zu finden – zum Nachmachen, zum Weiterentwickeln, als Inspiration. Durch praktische Anwendung in der “Lehrküche” könnte man die Weitergabe von Ernährungswissen (“den Wissenstransfer”) fördern – das wäre naheliegend und vielleicht weniger aufwändig als Biofeedback.
Aufklärung tut natürlich immer noch Not: Beispielsweise über den “Wahnsinn Zucker“, den wir ja meist überhaupt nicht wahrnehmen
Update:
Weil der .Link zur Mediathek nicht mehr funktioniert, hier ein anderes Video: Interview mit Hubert Preissl
Und noch eine Anmerkung: So lange Abnehmwillige versuchen, ihr Abnehmen über den Kopf zu steuern, dabei aber meinen, sich zwischen Scheinalternativen wie “Trennkost oder SIS“ entscheiden zu müssen, wird es auch nichts mit dem Abnehmen. Es ist halt nie ein Kopf alleine, der eine Entscheidung fällt – wir suchen Expertenwissen, an dem wir uns orientieren können – und finden nur Murks-Diäten, um das amerikanische “bogus diaets” einmal irgendwie zu verdeutschen.
Weitere Rezepte der Portionsdiät in der Rubrik “Rezepte”
Die Rezepte der Portionsdiät, sortiert nach Schlagworten
Grundlagen der Portionsdiät
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