Das englische “Pickles” für “eingelegtes Gemüse” wäre für das hier Vorgestellte der Oberbegriff und umfasst auch das Einlegen von Gemüse in Essig und andere Sude. “Milchsauer” wird – streng genommen – gar nicht eingelegt, sondern vergärt, von den Lactobazillen, den Einzellern, die auch die Milch in Yoghurt verwandeln oder, wie allgemein bekannt, das Weißkraut ins Sauerkraut.
Dass man auch anderes Gemüse milchsauer vergären kann und dabei einen gesundheitlichen Mehrwert erzielt, ist etwas in Vergessenheit geraten.
Aber das Thema ist spannend, und gar nicht so arbeitsintensiv. Wichtig sind allerdings die passenden Gefäße: Hier haben wir wahrscheinlich ein ehemaliges Wurstglas, dessen innerer Durchmesser zufällig gerade dem eines ziemlich großen weißen Rettichs entspricht.
Letzteren in Scheiben zu schneiden, diese jeweils mit einer Kerbe zu versehen, damit die Flüssigkeit zirkulieren kann, zwischen die Scheiben Gewürze wie Knoblauch, Ingwer, Chili zu packen, mit Sud aufgießen – ist dann eigentlich nur eine Sache von ein paar Minuten.
“Sud” heißt hier – wie beim Einlegen von Gurken – eigentlich nicht viel mehr als “gewürztes Wasser”. “Gurkensud” gibt es schon fertig im Kanister zu kaufen, oder man kann gewisse Päckchen mit Gewürzen, die noch aufgekocht werden müssen, erwerben, auch ein so genannter “Gurkendoktor” ist erhältlich, womit jegliche Fäulnis und Schimmelbildung verhindert werden soll – was aber solche Konservierungsstoffe in Magen und Darm bewirken sollen, bleibt unerfindlich, und ein desinfizierter Darm wäre bei aller Neigung zur Reinlichkeit mit dem baldigen Ableben verbunden. Bei der milchsauren Vergärung geht es ja gerade um eine gesunde “Flora”, ein “Bauchklima”, das Wohlgefühl vermittelt, wozu die Bifidokulturen, die in allerlei teurem “functional food” vermarktet werden, ihren Beitrag leisten sollen.
Das Salz im Sud unterstützt “unsere” Milchsäurebildner, die von Zucker und Kohlenhydraten, die sich im Gemüse tatsächlich befinden, ernähren. Das Gemüse wird bei diesem Prozess etwas weicher und auch etwas saurer. Vielleicht wollen wir außer “sauer” noch die Geschmackrichtung “scharf” – wenn das so ist, fügen wir einfach ein paar “Schärfebildner” hinzu; hier wäre an Pfeffer, Senfkörner oder auch Chili zu denken.
Wie sauer das ganze wird, ist im Wesentlichen eine Frage der Zeit und der Temperaturen; so wie Yoghurt-Bakterien sich bei 30-40 Grad sich am ehesten vermehren, verhält es sich auch bei unseren “Milchsäureherstellern”. Beim ersten Ansatz von selbstgemachtem Kimchi hatte ich ja noch mit der Molke von Yoghurt “nachgeholfen”…
Da der Bakterienstamm Lactobacillus bulgaricus einen sehr hohen Anteil an Milchsäure produziert und so zu einem sehr sauren Jogurt führt, verwenden die meisten Molkereien stattdessen Lactobacillus acidophilus und bifidus. Dadurch entsteht ein besonders milder Jogurt, der als Jogurt mild angeboten wird und mittlerweile die dominierende Sorte im Handel darstellt. (Quelle)
Bei einem führenden Yoghurthersteller war hinsichtlich der Bakterienstämme nur zu erfahren:
“Hergestellt mit Bighurt-Spezialkulturen besitzen unsere Bighurt-Produkte einen einzigartig reinen Geschmack. Natur pur! “
Auch, dass die Kühe täglichen Auslauf auf der Weide hätten – aber das halte ich für ein Gerücht.
Vielleicht findet sich aber mal ein Labor, das die im milchsauer vergorenen Gemüse siedelnden Bakterien bestimmt – andererseits hat man sich früher auch nicht um so etwas gekümmert, sondern das Sauerkraut genossen, wie es aus dem Fass kam.
Dass wir der milchsauren Gärung auch eine als “scharf” beliebte Tabascosauce zu verdanken haben, ist wahrscheinlich kein Allgemeinwissen, aber interessant. So eröffnet sich auch die Möglichkeit, eine scharf-süße Barbecue-Sauce herzustellen, letztlich eine Art Ketchup.
Nebenstehend sehen wir klein gewürfelte Tomaten, Paprika, Knoblauch, Chilies, Ingwer mit Roh-Rohrzucker, Melasse, Salz und ein wenig Starterkultur. Die Sache muss natürlich noch reifen und püriert und abgeschmeckt werden. Dieses Glas war übrigens der Vor-Test, aus dem sich schließlich ein Salsa entwickelt hat.
Immer wieder findet sich der Hinweis, dass milchsauer vergorene Produkte für Veganer eine der seltenen Möglichkeiten sind, sich Vitamin B12 zuzuführen, wenn auch die Ziffern über den Bedarf, die tatsächliche Aufnahme und den Gehalt des B12 im Sauerkraut variieren oder gar nicht erst genannt werden. Herkömmliches Ketchup ist jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit frei von diesem essentiellen Stoff, und wieder einmal müssen wir feststellen, dass die industrielle Nahrungsmittelherstellung unter gesundheitlichen Aspekten vollkommen suboptimal ist.
Abschließend noch ein Beweisfoto, das zeigt, wie gering der Aufwand bei der Herstellung von milchsaurem Gemüse wirklich ist:
Hier habe ich gar nicht viel gestampft und verdichtet, sondern im Wesentlichen nur zerkleinert (und die Zucchini mehrfach eingeschnitten), dann das Ganze mit Lake übergossen. Nach zwei Tagen hat es schon ganz wunderbar im Glas geblubbert, das daraufhin in den Kühlschrank zum Kimchi wandern durfte, wo die Aromen sich noch weiter vermischen und ausbilden sollen.
Frühlingszwiebeln und Paprikastreifen milchsauer eingelegt sind schon nach ein paar Tagen genießbar, gekühlt aber auch länger haltbar.
Radieschen werden bei der Fermentation rosa und mild-milchsauer. Subjektiv empfunden: Auch magenfreundlicher.
Der Roten Beete bekommt die milchsaure Zubereitung ausgezeichnet. Nicht nur gibt es Hinweise, dass sie so außerordentlich gesund ist – auch optisch ist sie ein absoluter Hingucker.
In dünne Scheiben geschnitten, ist sie ein knackig-frisches Gedicht, dass seinen Geschmack aus den gewählten Gewürzen bezieht und gut mit der während der Fermentation entstehenden Säure harmoniert.
Ähnlich wie beim Rotkraut wird Gemüse, das zusammen mit dem farbgebenden Gemüse eingelegt ist, hübsch durchgefärbt.
Gemüse milchsauer einlegen als Konservierungsmethode
Oft ist der geschmackliche Unterschied zwischen milchsauer und essigsauer eingelegtem Gemüse gar nicht gravierend. Die “milchsaure Methode” hat den Vorteil, dass wir uns die Bifidobakterien samt ihren förderlichen Eigenschaften einverleiben.
Das Einlegen als solches bietet sich auch und gerade an, wenn man vorübergehend einen gewissen Überschuss an Gemüse hat, das nicht verderben soll. Nicht immer ist Platz im Tiefkühlgerät (wenn es denn vorhanden ist); Einkochen kann man Gemüse zwar auch, aber nicht immer ist das Ergebnis überzeugend.
Zudem ist die milchsaure Konservierung umweltschonend, weil wenig energieaufwändig, und es werden keine Vitamine beim Kochen zerstört.
21. Mai 2016 um 13:27 Uhr
“In dünne Scheiben geschnitten, ist sie ein kackig-frisches Gedicht, ”
Wollte nur auf den Typo hinweisen
Guter Artikel, Danke
22. Mai 2016 um 17:48 Uhr
Na, da habe ich zu danken! Bloß ein Buchstabe, und so eine Sinnentstellung ;-(
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24. September 2015 um 15:07 Uhr
Was ist wenn ich Obst (zb Zwetschken, Pflaumen) in den Gärtopf lege und 30g Salz/Liter dazugebe – ensteht dabei Alkohol? Gibt es Alkohlfreie Rezepte für Milchsauergärung von Obst?
25. September 2015 um 16:34 Uhr
Was bei mit Salz eingelegtem Obst passiert, ist mir nicht bekannt. Alkohol entssteht, wenn Hefen beteiligt sind – ob die das Salz überleben, weiß ich nicht, halte es aber für unwahrscheinlich. Vermutlich hat schon mal jemand ausprobiert, wass bei “eingelegten Salzzwetschen” herauskommt – wenn ja, hat sich das nicht durchgesetzt.
Bei manchem Kimchi-Rezepten ist Obst m.W. durchaus üblich, es zerfällt aber schnellerals z.B. Chinakohl – da käme es auf die “Gesamtkonzeption” an.
11. August 2015 um 19:35 Uhr
HALLO
wenn tabasco milchsäurevergärt ist wieso ist dann Essig drin?
Echte milchsäurevergärung braucht weder Essig oder gekauften Sud, noch extra fermente die man zugeben muß (und deren herkunft nicht nachvollzogen werden können, was aber meist nur für Veggi und Veganer interessant Ist)
Die Bakterien sind schon da, genau wie die Flüssigkeit.
Die milchsäurevergärung benötigt Man nur reines Salz, druck und luftabschluss
Gewürze machen oft bekömmlicher sind aber optional ebenso wein
Deckel sind nützlich, aber es geht auch ohne, wenn Deckel dann Steingut, Holz, Glas… alles was säurebeständigen is!
BLOß KEIN METALL
was Gurkensud aushält besteht noch lange keine milchsäure!!!!!!!!!!!
Deckel wie oben abgebildet werden angegriffen und lösen sich auf.
Die Beschichtung ist auch nicht lecker
11. August 2015 um 21:40 Uhr
Hi,
der Essig ist nun mal in der Sauce enthalten –
https://de.wikipedia.org/wiki/Tabascosauce
daneben kann man sich auch eine Sauce ohne Essig selbst machen – in einigen Foren gibt es Rezepte und Anleitungen, z.B.
http://www.capsamania.de/index.php?page=Thread&threadID=3383
und das Salsa, das bei mir oben verlinkt ist, kommt auch ohne Essig aus.
(Wobei das Thema “Essig selbst machen” auch ganz reizvoll ist)
Druck ist bei der milchsauren Fermentation sicher nicht nötig, kann aber entstehen. Wobei die Deckel, wie sie bei den Konservengläsern verwendet werden, durchaus kritisch betrachtet werden solten – stimmt.
Wünsche Dir noch viel Spass und Erfolg beim Fermentieren!
12. August 2015 um 15:55 Uhr
Hallo
Je nach dem was du vergären möchtest, benötigst du druck!
Bei Milch zu Jogurt nicht, im Sauerteig auch nicht, da spielen sich übrigens drei fermentationen ab, Hefe, Essig und milchsäure…
Machst du Sauerkraut wird dieses eingestampft und gepresst.
Funktioniert natürlich auch mit anderen gemüsen…
Bei minichargen reicht dicht ins Gefäß füllen, unter druck!
Natürlich kann man mit Essig auch tolle soucen herstellen und anderes haltbar machen, das heißt nicht das es auch zwingend milchvergärt ist.
Eine Frage der Begrifflichkeit also.
Wichtig ist allein, dass man wenn eine milchvergärung stattfindet keiner, wie im Bild oben, einen metalldeckel draufschrauben sollte.
Was Kimchi betrifft wäre es vermessen, würde ich behaupten viel zur kerstellung sagen zu können.
Die traditionellen herstellungstechniken sind vielfältig und unterscheiden sich stark.
Der gärprozess läuft aber auch hier unter druck ab. Das frisch hergestellte Kimchi wird in bottischen eingelagert und mit Steinen beschwert.
Ich wünsche dir auch viel Spaß beim einlegen.
sauer macht
12. August 2015 um 16:49 Uhr
Ja, Danke für die Ergänzungen!
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13. Juli 2013 um 06:38 Uhr
Ein schöner Artikel mit netten Beispielen – aber wo finde ich en Rezept für milchsauer eingelegtes Gemüse?
16. Juli 2013 um 06:16 Uhr
Lies Dir den Artikel
http://portionsdiaet.de/wissen/kimchi-selbst-gemacht-so-geht-das-2
durch, dann wirst Du mehr wissen und eine geeignete Methode für Dein Vorhaben finden.
23. Oktober 2012 um 17:06 Uhr
Also man kann auch fermentierte Pickles herstellen? Sozusagen Natur-vergorene Pickles – das finde ich sehr interessant. Es braucht natürlich auch etwas Phantasie – und die kleinen Gürkchen, Maiskolben und so weiter habe ich – jednfalls im normalen Geschäft – noch nie im Angebot gefunden. Schade!
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